MIT ÜBERHOL-PRESTIGE

12 min lesen

Vergleich · Sechszylinder-Limousinen

Vor 50 Jahren ist der Wettstreit um die linke Spur im vollen Gange: Die schnellen, feinen Sechszylinder-Limousinen von BMW, Ford und Opel fahren vorn mit

FOTOS Frank Ratering

Blinker setzen und rüber zum Überholen! Jahrelang gebührt dieses Privileg auf bundesdeutschen Autobahnen den Sportwagen und der automobilen Oberklasse. Die Masse der Käfer, Kadett und der Rest der bürgerlichen, vernünftig motorisierten Autowelt hält sich rechts. Leistung und linke Spur sind nur was für die da oben! Anfang der 70er lösen sich die alten Gesetzmäßigkeiten auf – nicht nur in der Gesellschaft und an den Universitäten, sondern auch auf den Straßen. Irritiert registriert der 911-Fahrer einen BMW 2002 tii im Rückspiegel, und die Männer mit den grauen Dreiteilern und Aktenmappen im Fond der schweren Mercedes stellen fest, dass auch Opel und Ford neuerdings vorneweg fahren. Es gibt Autos da draußen, die den etablierten Kräften den Platz streitig machen – gewöhnliche Limousinen, die mit Komfort und Kraft auftrumpfen.

Der BMW 2800 als Vorreiter der neuen Generation

Der große BMW, ein echter Vertreter der 68er-Generation, gehört zu den Protagonisten dieser neuen Gruppe, ist vielleicht sogar ihr Prototyp. Er ist ein Typ für Aufsteiger und ist selbst einer! Keine „Neue Klasse“ wie die inzwischen etablierten Vierzylinder-Limousinen, sondern eine echte neue Größe, die „die Nische zwischen Mercedes Strich-Acht und S-Klasse besetzt“, wie Reinhard Queckenberg vom BMW E3-Club sagt. Ein Auto für Fahrer mit gelochten Lederhandschuhen, die sich eine repräsentative Größe wünschen, aber lieber dynamisch als gesetzt unterwegs sein wollen.

Luftig und funktional: Der BMW bietet viel Platz und ein zurückhaltendes Innenraum-Design
Klar gezeichnet: Der rote Bereich des Drehzahlmessers beginnt jenseits der 6000/min-Marke
Keine Sportsitze in dieser Wagenklasse: Der große BMW macht es den Passagieren gern bequem
Sicherheit hat Vorfahrt: Vorn gibt es bereits Kopfstützen, deren Bügel fein verkleidet sind
Neue Größe aus München: Die niedrige Gürtellinie und der lichte Dachaufbau bestimmen das E3-Design

Für BMW ist der E3 von 1968 der erste „Großwagen“ seit dem Ende der im Vorkriegslook verhaftet gebliebenen Sechs- und Achtzylinder-Typen, die noch bis Anfang der 60er-Jahre vereinzelt vom Band liefen. Statt Barock für Direktoren liefert der BMW E3 Bauhaus-Design für den aufstrebenden Mittelstand – er gibt die klare Linie des obersten Formgestalters Wilhelm Hofmeister vor, an die sich auch die Siebener nachfolgender BMW-Generationen halten werden. Die beginnt mit gepfeiltem Bug und geteilter Niere, reicht über die Zierleisten-freien Flanken und den großen, lichten Dachaufbau bis zum glatten Heck, an dem eine Zahl auf dem Kofferraumdeckel die M