Viva el Ibiza

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Stadtkind, Rallye-Meister, Diesel-Sparer: Der Ibiza hat viele Gesichter und ist Seats blechgewordene Unabhängigkeitserklärung.Eine Reise durch 40 Jahre Ibiza-Geschichte.

Bei Seat zu fragen, wie groß die Rolle des Ibiza in der eigenen Markenhistorie ist, gleicht der Frage an frischgebackene Eltern, ob sie ihr Erstgeborenes lieben. Denn genau das ist der Ibiza: der erste eigenständige Seat. Nachdem man 34 Jahre lang Fiat-Modelle in Lizenz baute, debütierte er 1984. Drei Jahre zuvor hatte man die lange Kooperation mit den Italienern aufgelöst, was nicht ohne Trennungsschmerzen ablief; am Ende zog Fiat die Spanier wegen des zum Ronda umgeschreinerten Ritmo vor Gericht. Seat siegte und konnte endlich eigenständig entwickeln und produzieren.

Schon kurz nach der Trennung begann die Kooperation mit VW, doch der erste Ibiza entstand noch ohne Basis aus Wolfsburg. Er wurde mit bekannten Partnern entwickelt: Porsche kümmerte sich um die Motoren, Karmann half bei der Karosseriestruktur, und Giugiaro war für das Design verantwortlich, das er in seinem für die 80er-Jahre typischen freundlichen Kastenstil entwarf.

Trotz der Kastigkeit bleibt nicht wirklich Platz für Personen über 1,80 Meter auf dem Fahrersitz. Aber hey, im Ibiza I setzt man sich doch gern in einer nach vorn gebeugten Angriffshaltung hinters Steuer, die dem aufbrausenden Charakter des 1,5-Liter-Vierzylinders mit Weber-Vergaser und 85 PS gerecht wird. Der schnappt geradezu nach Gasbefehlen, sodass schon das Rangieren mit dem kernigen Ansauggeräusch nicht nach Apcoa Parking mit Aufzug-Bossa-nova, sondern eher nach Fahrerlager beim Histo-Cup klingt. Die Drehzahlnadel tanzt, der Ibiza wuselt, hüpft, wechselt liebend gern die Richtung, folgt dagegen nur ungern einem geraden Weg. Federungskomfort? Wird durch Lebensfreude ersetzt. Geblinkt wird mit einem Kippschalter hinter dem Lenkrad, der Ganghebel läuft ohne Einrastgefühl fast durch den halben Wagen, die immensen Fahrgeräusche sind kein Lärm, nein, sondern Aufbruchsstimmung.

Hallo, Volkswagen!

Und die setzte sich fort mit Generation zwei. Bereits 1986 hatte VW die Aktienmehrheit, 1990 verleibte man sich Seat komplett ein, was dazu führte, dass sich der zweite Ibiza die Plattform mit dem VW Polo teilte. Das Exterieur gestaltete erneut Giugiaro, innen herrschen die 90er. Also hartes, glänzendes Plastik, psychedelische Muster auf den Stoffsitzen. Und das Radio im 190 000-km-Museumsstück hat den Eurodance-Kracher „Rhythm is a Dancer“ wahrscheinlich schon deutlich öfter gespielt als dessen Erschaffer von Snap aus

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