Affalter-Schach

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Radikalumbau bei AMG: Der Vierliter-Biturbo-V8 muss im neuen GLC 63 einem Maschinenpark aus drei E-Motoren, zwei Getrieben und einem Vierzylinder weichen. Genialer Zug oder Schachmatt für das 63er-Signet?

Text: Carl Nowak Fotos: Hans-Dieter Seufert

Viktor Kortschnoi, seines Zeichens Schach-Großmeister, sagte einmal: „Kein Großmeister ist normal, sie unterscheiden sich nur im Ausmaß ihrer Verrücktheit.“ Und es gehört schon ein gewisser Wahnsinn dazu, selbst mit der am Horizont f lirrenden Elektrifizierung, das Epizentrum des AMG-Kosmos einer solchen Radikalkur zu unterziehen. Wir reden ja schließlich nicht über eine dahergelaufene Ziffer: Die 63 haftet so unverrückbar fest an den großen AMG-Baureihen wie das Versprechen von Kraft, Luxus und achtzylindriger Lässigkeit an ihr selbst. Da spielt es auch keine Rolle, dass nicht eine einzige 63er-AMG-Generation echte 6,3 Liter Hubraum hatte.

Und jetzt? Statt sattem Leerlaufgeboller begrüßt uns hell erleuchtete Stille. Drinnen vermelden die Displays Fahrbereitschaft, draußen strahlen die LED-Projektionsscheinwerfer einen Begrüßungstanz auf den vorausparkenden Corolla.

Die neue Ruhe

Los geht’s erst mal rein elektrisch. Leise sirrt der GLC durch das Wohngebiet. Ein dezenter Auftritt, der mit dem Vorgänger und dessen Bollerwagen-Kaltstart nur schwer möglich gewesen wäre. E-Maschine eins von drei sitzt zusammen mit einem Zweiganggetriebe an der Hinterachse. Da sie nicht wie bei anderen Hybriden zwischen Verbrenner und Getriebe sitzt und die Kraft erst vom Automaten verwaltet werden muss, geschieht das Anfahren angenehm souverän. Erst bei größeren Lastanforderungen eilt der Zweiliter-Vierzylinder dem 150 kW starken E-Motor zur Hilfe.

Im EL-Modus liegt die Schwelle höher, in Battery Hold wird der Ladezustand der 6,1-kWh-Batterie über der Hinterachse gehalten. Für dauerhaften Verbrenner-Einsatz muss man in den Sport-Modus wechseln, hat damit aber noch nicht im Ansatz alle Fahrmodi-Optionen am kleinen Lenkraddrehregler durchgeklickt. Schnee, Individual, Sport Plus und Race gibt’s auch noch. Zusätzlich kann man die Antriebsschärfe, die Fahrwerkshärte, die Auspuff lautstärke, die ESP-Präsenz und die Hecklastigkeit der Kraftverteilung feinjustieren.

Grundsätzlich gilt: Der PHEV ist auf schnelle Leistungsabgabe und
-aufnahme ausgelegt. Heißt: nur schüttere 13 km E-Reichweite, dafür aber ein stets boostbereites E-Werk mit ausreichend Restkapazität, um den 476 PS starken, von einem riesigen Lader beatmeten Vierzylinder zu unterstützen. E-Motor zwei

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