Völlig losgelöst

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Kompaktboxen

Auf den ersten, flüchtigen Blick sieht Wilson Beneschs Discovery 3zero aus wie ein edler Monitor. Doch die ungewöhnliche 2,5-Wege-Konstruktion ist mehr als das. Wie einen kleinen Nahfeldlautsprecher aufstellen sollte man sie ohnehin nicht.

Wilson Benesch gehört auf der britischen Insel zu den letzten in Privatbesitz verbliebenen High-End-Firmen von Bedeutung.

Wilson Benesch tickte schon immer etwas anders als der Rest der britischen High-End-Szene. So ist die Company aus Sheffield bis heute in Familienbesitz und nicht in ausländischer Hand. Hinzu kommt ihr fast schon teutonisch anmutender Fokus auf Technologie, der die Neigung zum Over-Engineering erkennen lässt. Mit der berüchtigten englischen Cottage Industry hat Wilson Benesch jedenfalls so wenig am Hut wie der Buckingham Palace mit einer Autogrammstunde für Fans der Royals.

Zur Firmen-DNA gehören seit 1989 intensive Grundlagenforschung, ferner die Teilnahme an diversen Forschungsund Entwicklungsprojekten, die oft dem universitären Umfeld entspringen und von der britischen Regierung über das Ministerium für Handel und Industrie unterstützt werden. Hinzu kommt der Ehrgeiz, auch kleinste Details „inhouse“ herzustellen, von den Treibern bis zu den Anschlüssen.

Welch enormen Aufwand Firmengründer Craig Milnes und seine rund 20 Mitarbeiter betreiben, zeigt sich bereits am 35,5 Kilogramm (!) schweren Einstiegsmodell aus Wilson Beneschs Fibonacci-Serie: an der Discovery 3zero, die für 25 000 Euro das Paar erhältlich ist.

Die Sheffielder bezeichnen den 2,5-Wege-Speaker mit dem charakteristischen Tieftöner, der rücklings aus dem unteren Gehäuseende herausragt, als „Standmonitor“. Wie der Test noch zeigen wird, sollte man aber die bis ins kleinste Schräubchen superb verarbeitete „Kompaktbox“ trotz dezidierter Ständerauslegung nicht als Monitor missverstehen. Doch bleiben wir zunächst bei der Ständerkonstruktion, mit der Discovery 3zero eine Einheit bildet. Ihre Vorteile: erstens ein vergleichsweise kleines Gehäuse, was unerwünschten Resonanzen entgegenwirkt; zweitens Platz an der Kabinettunterseite für einen isobarischen Basstreiber. Beide Punkte kommen einer sauberen Tieftonwiedergabe extrem zugute, wie der Autor von früheren Wilson-Benesch-Testkandidaten noch gut in Erinnerung hat.

Isobarischer Basstreiber

Doch was sind die tieferen Beweggründe dafür, dass die Nordengländer seit ihrer großen Referenz-Box Bishop (stereoplay 1/99) lieber auf relativ kleine, isobarische Bässe setzen?

Nach Ansicht von Craig Milnes stellen nicht nur voluminöse Boxengehäuse ein Problem dar, sondern ebenso satte Tieftontreiber – zum einem durch ihre höhere Masseträgheit, zum anderen durch ihre großflächige Membran, die wie ein geöffnetes Fenster wirkt, durch das nicht-absorbierter Schall aus dem Boxeninnern nach außen gelangt