Ein Juwel out of Rosenheim

4 min lesen

Eine betuliche Vorabendserie war alles, was der Autor mit dem oberbayerischen Städtchen in Verbindung brachte. Ein Besuch bei AudiaZ und der Test der neuen Cadenza Gen 3 brachten dann aber bislang Ungehörtes zutage.

Marius Dittert

Pvrovinz ist kein Ort. Provinz ist ein Zustand. Schließlich gelangt man im Internetzeitalter auch in Rosenheim an alle wesentlichen Erkenntnisse und Materialien, um Weltklasselautsprecher zu bauen – selbst wenn man kein Ingenieur ist. So erklärt sich, warum ausgerechnet dort, am Fuße der Alpen, ein „Quereinsteiger“ logiert, der mit seinem Testkandidaten Candenza sowohl im Hörraum als auch im AUDIO+stereoplay-Messlabor für einiges Aufsehen sorgte.

Doch fangen wir ganz vorne an, bei Dr. Helmut Weber, dem Chef und Inhaber von AudiaZ. Er war im früheren Leben erfolgreicher Augenarzt. HiFi und Schallwandler sind für ihn seit der Kindheit mehr als nur ein Hobby. Bereits 1998 stellten er und sein damaliger Partner mit der Saria ein erstes kommerzielles Produkt vor. Anfang der Nullerjahre folgte dann mit der Aurea ein Modell, das in der deutschen High-End-Szene Furore machte. Aber Boxen entwickeln und nebenbei eine Augenklinik leiten, das war selbst für den Tausendsassa Dr. Weber zu viel des Guten. Er konzentrierte sich deshalb zunächst wieder auf den Arztberuf. Der Markenname AudiaZ verblasste ein wenig.

Nach dem Verkauf seiner Klinikanteile machte der musikbegeisterte Chirurg seine Passion endgültig zur Berufung. Die Szene kann von Glück sagen, dass er das nicht schon früher tat, denn der Doktor aus Rosenheim ist ein im positiven Sinne „Besessener“. Einer, der in Gesprächen VIEL Zeit verlangt, dafür aber auch immer etwas zu sagen hat – und der sich erst nach wochenlanger Tüftelei zufrieden gibt. Ein Perfektionist eben. Außerdem hat er Mut, denn er traut sich an Chassis, die andere Entwickler links liegen lassen, weil sie zu teuer und schwer zu beherrschen sind.

Von Anfang an Accuton

Wie ernst der Rosenheimer seine Entwicklungsarbeit nimmt, beweist, dass er seit über 20 Jahren mit den Accuton-Keramiktreibern von Thiel & Partner hantiert. Sie genießen einen exzellenten Ruf, gelten aber als divenhaft. Erfahrungen mit Sperrund Saugkreisen sind ebenso hilfreich, wie der unbedingte Wille, in Sachen Weichenauslegung und Gehäuse einen deutlich erhöhten Aufwand zu betreiben.

Lässt man sich auf die harten Membranmaterialien ein, hilft es sehr, wenn man einen empirischen Zugang zum Thema hat. Man muss nämlich experimentieren und viel Zeit einplanen.