HOLZ UND VORURTEIL

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Bestseller-Entwickler Fink kann sich wie kein anderer Deutscher in britische Boxenkunst hineinversetzen. Doch will er uns hier verkohlen? Der gruftige Look der Earl bedient alle Klischees. Zum Glück gibt es einfache Abhilfe!

■ Von Stefan Schickedanz

Lautsprecher › KOMPAKTBOXEN

Rund um den Thronwechsel steht britischer Adel aktuell international im Fokus der Medien – samt aller möglichen Adelstitel. Die Voraussetzungen sind also gut, dass die altehrwürdige Lautsprechermarke Castle mit ihrem neuen Anlauf auch auf dem Kontinent ein paar Anhänger hinzugewinnen kann. Windsor Earl heißt ein neuer 2-Wege-Kompaktlautsprecher. Dieser „Graf“ dürfte bei Lesern von Edgar Wallace oder Rosamunde Pilcher punkten. Und wer, wie jene, Adelstitel im Schlaf aufsagen kann, dürfte auch ohne Blick in HiFi-Zeitschriften oder die Infos im Web sofort die Rangordung in der Windsor-Serie verstehen. Der Duke, zu Deutsch Herzog, steht über dem Grafen. Sprich, es muss noch eine dickere Variante geben.

Und so ist es auch. Abgesehen von größeren Gehäuseabmessungen fährt die Windsor Duke einen 10-Zoll-Tief-Mitteltöner auf. Die Gräfin muss dagegen mit einem 8-Zöller mit resonanzarmer, mehrschichtiger Polypropylen-Membran auskommen, hat damit aber auch immerhin 16,5 Zentimeter Chassis-Durchmesser vorzuweisen – für eine Regalbox der 5000-Euro-Klasse ein geradezu mustergültiger Fall von britischem Understatement. Damit nicht genug: Während andere Traditionsmarken von der Insel inzwischen stolz mit Union Jacks auf ihrer Rückseite betonen, dass sie in England entwickelt wurden, steht hier die britische Flagge für „Made in the UK“.

Das dürfte jene besonders beeindrucken, die mit der Geschichte des Landes bestens vertraut sind. Schließlich haben die Briten Mitte des letzten Jahrtausends für ihre übermächtige und zugleich unverzichtbare Flotte alles abgeholzt, was nicht morsch war. Offenbar fand sich aber trotzdem noch genug Holz auf der Insel für Echtholzfuniere, die in handwerklicher Tradition verarbeitet und gewachst werden. Obwohl: Wenn man sich die Mahagonifurniere unseres hier abgebildeten Testgeräts ansieht, könnte es auch durchaus sein, dass die Boxenbauer die dafür verwendeten Hölzer bei Nacht und Londoner Nebel aus der an der Themse ausgestellten HMS Victory herausgesägt haben. Sie wirken so angesengt mit ihren schwarzen Schlieren wie das Flaggschiff von Lord Nelson nach der Schlacht von Trafalgar, in der ihm ganz schön eingeheizt wurde.

Mit diesem Asbach-Uralt-Look würde sie perfekt in einen Irish Pub passen, der damit neben Wohlklang gleichzeitig um ein Klischee reiche