Minna Cauer

2 min lesen

Serie

Diese Frauen wollten die Welt verändern

Fotos: dpa/pa (3), Getty Images (3)

Die Wahrheit sieht jedoch ein wenig anders aus. Als Coco Chanel ihre ersten Kleider entwirft, die ohne Korsett getragen werden können und die den Körper locker umspielen, schreibt man bereits das Jahr 1915. Der Stein gegen die Mode-Marter kommt aber bereits 1896, also fast 20 Jahre früher ins Rollen – auf dem 1. Internationalen Frauenkongress in Berlin nämlich, den Minna Cauer, Aktivistin im „radikalen“ Flügel der Frauenbewegung, zusammen mit der Frauenrechtlerin Lina Morgenstern organisiert hat.

Minna, Tochter eines lutherischen Pfarrers, ist in Brandenburg aufgewachsen, hat eine Ausbildung zur Lehrerin gemacht und ist zweimal verwitwet. 1888 hat sie den Verein „Frauenwohl“ gegründet, der sich für die Rechte der Frauen und ihre Lebensbedingungen einsetzt. Ihrem Ruf zum 1. Internationalen Frauenkongress folgen mehr als 1000 Teilnehmerinnen aus vielen europäischen Ländern und den USA. Zahlreiche Vorträge und Diskussionen werden abgehalten – zu den verschiedensten Frauenthemen wie Wahlrecht, Bildung, soziale Tätigkeiten. Dabei wird eines deutlich: Wenn Frauen etwas erreichen wollen, müssen Sie sich zusammenschließen. Doch es geht nicht nur um große politische Forderungen, sondern ebenfalls um Dinge, die aus heutiger Sicht banal erscheinen mögen – wie zum Beispiel um die Befreiung vom Korsett. Es ist das Herzstück der damaligen Mode, unbedingt erforderlich, wenn man elegant sein und dem gängigen Schönheitsideal entsprechen will: Wogender Busen, ausladende Hüften und dazwischen eine Wespentaille, die zwei Männerhände spielend umfassen können. Da keine Frau von Natur aus so aussieht, kommt das Korsett zum Einsatz. Es formt den weiblichen Körper wie eine Skulptur. Allerdings ist bereits das Anlegen eine Qual, und die extreme Schnürung bewirkt eine Verschiebung der Organe, Atembeschwerden und eingeschränkte Bewegungsfreiheit. Um der Mode-Folter beizukommen, formiert sich nun eine seltene Allianz – aus Medizinern, die sich um die Gesundheit der Frauen sorgen, aus Moralistinnen, denen die Überbetonung der weiblichen Figur zu aufreizend ist, und aus Feministinnen wie Minna Cauer, die das Korsett als Symbol der Unterdrückung verdammen, das den Idealen der beruflich aktiven, sportlichen und emanzipierten Frau im Wege steht.

Die Frauen wollen Kleidung ohne Korsett

Um sich vom bürgerlichen Modediktat freizumachen, gründen einige Frauen kurz nach dem Berliner Kongress und unter Mithilfe von Minna Cauer den „Verein für Verbesserung der Frauenkleidung“. Und dieser Verein protestiert nicht nur, sondern handelt. Unter dem Motto „gesund und praktisch“ werden alltagstaugliche und bequeme „Reformkleider“ entworfen, die ohne Korsett tragbar sind. Um sie herstellen zu können, werden Schnittmuster zur Verfügung gestellt und Nähstuben eingeri

Dieser Artikel ist erschienen in...

Ähnliche Artikel

Ähnliche Artikel