Sie giftete Winston Churchill an

2 min lesen

Folge 186

Geschichten aus vergangenen Zeiten

Die Lady in ihrem Büro in Cliveden, wo Royals und Promis verkehren

Eine Frau im Parlament? Das war ja schlimmer als eine Fliege in der Fünf-Uhr-Teetasse! Am 1. Dezember 1919 erschien die frischgewählte Abgeordnete Lady Nancy Astor im britischen Unterhaus. Sie war die erste Frau, die auf den harten Holzbänken Platz nahm. Die hohen Herren mussten rücken. Hilfe!

Noch dazu stammte Lady Astor aus den USA. 1879 wurde sie als Nancy Langhorne in Virginia geboren. Ihr Vater verdiente mit Eisenbahngeschäften ein Vermögen. Mit zarten 18 Jahren heiratete sie einen gewissen Robert Shaw II. (1872- 1930). Der trank und ging fremd. Später sagte Nancy: „Ich habe unter meinem Niveau geheiratet. Alle Frauen tun das.“ Ein Sohn wurde dem Paar geschenkt.

1903 kam es trotzdem zur Scheidung. In England hoffte Nancy eine feinere Gesellschaft zu finden. In der Tat begegnete sie einem Gentleman: Waldorf Astor (1879-1952). Der stammte vom ersten amerikanischen Millionär John Jacob Astor (1763-1848) ab. Waldorfs Vater hatte seinen Zweig der Dynastie nach England verpflanzt und einen Adelstitel erworben. 1906 wurde Hochzeit gefeiert. Nancys Gatte erkämpfte sich einen Sitz im Unterhaus. Allerdings starb sein Vater 1919. Waldorf Astor erbte den noblen Titel und musste wider Willen in die zweite, dem Hochadel vorbehaltene Parlamentskammer wechseln. Nancy bewarb sich um das frei gewordene Mandat – und siegte. Sie war eine begnadete Rednerin.

Nancy Astor schafft es an die Spitze der britischen Gesellschaft

Die Männer sehen sie als Eindringling

Die „Old Boys“ im Unterhaus fühlten sich gestört. Vor allem einer konnte den Östrogen-Schock lange nicht verkraften: Winston Churchill (1874-1965). Jahre später gestand er Nancy Astor: „Als Sie ins Parlament kamen, fühlte ich mich, als habe eine Frau mein Badezimmer betreten, und mir stünde zur Verbergung meiner Blöße nichts als ein Schwamm zur Verfügung.“

Zwischen der Lady und dem späteren Premier kam es immer wieder zu Wortgefechten. Das berühmteste ist mehr legendär denn historisch verbürgt – doch es ging in die Geschichte ein. Lady Astor zu Churchill: „Wenn ich Ihre Frau wäre, würde ich Gift in Ihren Tee mischen.“ Worauf der konservative Politiker konterte: „Wenn Sie meine Frau wären, würde ich ihn trinken.“