Blutmord im Alpenidyll

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Krimi-Kurzgeschichte

Winter im Berner Oberland. Kommissar Alois Bernauer wird zu einem Mordfall gerufen. Man hat den Bierbichler tot in seinem Haus gefunden. Missmutig macht sich Bernauer auf den Weg. Er hätte viel lieber seine Ruhe gehabt …

Der Winter hatte Einzug gehalten in den Alpen. Wenn man die ersten Fußspuren in den Schnee setzte, dann war es, als berührte man eine jungfräuliche Welt. Aber noch hatte niemand seinen Fuß in den Schnee gesetzt. Es war zehn Uhr am Morgen, und es sah so aus, als würde diese Stille, die über allem lag, kein Ende nehmen. Ein eisiger Wind strich über die Höhenzüge. Ein Wind, der einem sofort den Atem nahm. Aber wer hier lebte, der wusste mit den Härten der Jahreszeiten umzugehen. Ein entsetzter Schrei wehte vom Anwesen der Bierbichlers herüber.

Einige verschreckte Vögel flogen auf. Und wieder durchdrang ein entsetzter Schrei den froststarrenden Morgen, diesmal lauter und intensiver. Und dann senkte sich eine Stille über diese Gegend, die noch eindringlicher war als vorher.

Das, was an diesem Morgen im Berner Oberland geschah, würde sich fortpflanzen bis in die Vergangenheit. Es war, als würde ein Pesthauch über dieses kleine Dorf hinwegziehen, der alles unter sich begrub. Aber das wusste man bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Und wenn es jemand gewusst hätte, hätte man es ohnehin nicht geglaubt. Man lebte hier in einer eigenen kleinen Welt, die nur die eigenen Gesetze kannte. Das war immer so und sollte nie anders sein.

Alois Bernauer hätte an diesem Morgen gern seine Ruhe gehabt, aber damit war es jetzt vorbei.

Man hatte ihn informiert, weil man auf dem Anwesen der Bierbichlers einen Toten gefunden hatte. Mürrisch schritt er zu seinem Wagen. „Verdammt noch mal“, knurrte er und startete den Motor. Zum Glück sprang sein Wagen, der immer wieder seine kleinen Macken hatte, sofort an. „Na also“, knurrte er. „Geht doch.“ Dann gab er Gas. Mit seinem Allradantrieb kam er zum Glück gut durch den Schnee.

Was er in der Bauernstube der Bierbichlers sah, ließ ihn stumm werden – obwohl er ohnehin ziemlich wortkarg war. Auf dem Boden breitete sich eine große Blutlache aus. Selbst an den Wänden fanden sich Blutspuren. Es war, als hätte hier jemand Gericht gehalten. Wer auch immer das gewesen sein mochte – Barmherzigkeit schien er nicht zu kennen. Schubladen waren herausgerissen, und auf dem Boden lagen verstreut Papiere und Unterlagen herum. Offenbar hatte jemand gezielt nach etwas gesucht. Es sah jedenfalls ganz danach aus. Das Zimmer war ein einziges Chaos.

Fotos: AdobeStock/Andrey Popov, iStock (6)/Joerg Huettenhoelscher/stockarm/Aerial3/ilbusca/PeopleImages/xijian, Piet Henry Records

Xaver Bierbichler lag auf einem Tisch. Auf alle Fälle war er nicht auf dem Tisch gestorben, sondern mitt

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