Danke, Peter Sodann!

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ABSCHIED

Er war eine Film- und Theaterlegende. Und ein sehr politischer Geist. Sein Herz schlug für den Osten. Hier erinnert sich der ehemalige SuperIllu-Redakteur Hannes Hofmann, 71, an seinen alten Freund Peter Sodann, der am 5. April im Alter von 87 Jahren starb

Peter Sodann, mein Freund, ist tot. Am Freitag, 5. April 2024, schlief er in Halle an der Saale friedlich ein. Wenn so eine Nachricht eintrifft, fragt man sich: „Oh Gott! Wann haben wir eigentlich das letzte Mal miteinander telefoniert?

Hätten wir uns zum Jahreswechsel nicht noch irgendetwas Wichtiges zu sagen gehabt?“ In gesundheitlichen Fragen garantiert nicht. Da lief der Dialog zwischen zwei Herz- und vieles mehr Kranken immer gleich ab. Ich: „Und wie geht‘s körperlich?“ Er: „Na ja, es geht …“ Ich erleichtert „Na dann geht‘s ja … Herzliche Grüße also …“ Er schloss derartige Telefonate dann immer mit einem Brecht-Zitat. So wie diesem hier, das jetzt gut passen würde. „Als ich in weißem Krankenzimmer der Charité aufwachte gegen Morgen zu und die Amsel hörte, wußte ich es besser. Schon seit geraumer Zeit hatte ich keine Todesfurcht mehr. Da ja nichts mir je fehlen kann, vorausgesetzt ich selber fehle. Jetzt gelang es mir, mich zu freuen alles Amselgesanges nach mir auch.“

Den einen war er der grummelige „Tatort“-Kommissar Ehrlicher, der „Colombo von Dresden“. Manchem Reporter war er ein gefürchteter Interviewpartner, der auch mit noch so großer Schmeichelei nicht für mediale Inszenierungen zu vereinnahmen war. Für sich selbst war er ein Linker in seiner ganz privaten Ein-Mann-Partei. Für die Enkel der Opa mit den wunderbaren Geschichten. Für wieder andere der Bewahrer von DDR-Literatur Mit seiner Bibliothek rettete er Hunderttausende Bücher aus DDR-Verlagen - unter dem trutzig-ironischen Credo: „In den Bananenkisten des Westens schlummert das Wissen des Ostens …“

Und die Menschen zwischen Sassnitz und Sonneberg honorierten die Idee und schickten alles an Büchern los, was sie loswerden wollten. Sodann wird’s schon brauchen. Und damit stapelten sich neben Maxi Wander, Hermann Kant oder Aitmatow auch Hunderte Marx-, Lenin und Stalinbände bei ihm. Ach wie oft diskutierten wir diesen Fluch der ehrenwerten Idee.

SuperIllu-Redakteur Hannes Hofmann (l.) mit Peter Sodann 2018
FOTOS: SuperIllu/Andreas Wetzel, imago images/Andreas Weihs

Und wir suchten bei so mancher Flasche Müller-Thurgau aus Sachsen nach einem Zauberwort wie dieses „Halt Buch, steh“ – frei nach dem Grimmschen Märchen „Der süße Brei“.

Peter und ich prallten vor genau 30 Jahren aufeinander. In „Strieses Biertunnel“ unter‘m „neuen theater“ in Halle – seiner materialisierten Kulturinsel. Mehr als 15 Jahre hatte er mit Trickserei, List, Hartnäckigkeit und vielen gleich gesinnten Schauspielerkollegen ein altes City-Kino hochgestylt. Peter Sodann

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