Die Thüringer sind bunter als ihr Ruf

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REPORT

Thüringen ist ein weltoffenes Bundesland. Nur geraten Selbstverständlichkeiten in Zeiten schriller Töne leicht ins Abseits. Frauen und Männer, Vereine, Unternehmen und Institutionen haben sich deshalb in einem Bündnis für Demokratie und Toleranz zusammengetan

Frank Lahn und Ruth Hagene machen das Bündnis sichtbar; hier Ende Februar in Nordhausen bei einem Auftritt des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke
Pauline Lörzer (Heimatbund Th.): „Statt Gräben zu schließen, spalten Populisten die Gesellschaft“
In Nordhausen stemmen sich Alexander Scharff und Katrin Tschernatsch-Göttling gegen die Verbreitung rechten Gedankenguts
Aus Sorge um die Demokratie schließen sich im Freistaat immer mehr Menschen dem Bündnis „Weltoffenes Thüringen“ an, so auch in Erfurt (Foto)
Prof. Karlheinz Brandenburg lehrt an der TU in Ilmenau. Er hat das Gefühl, Diskriminierungen würden zunehmen und eher toleriert

Weltoffenheit fängt schon beim Espresso an. Den Gedanken gibt Friederike Spengler dem Reporter mit auf den Weg. „Weltoffenheit ist eine Haltung, die auch banale Dinge betrifft, etwa italienischen Kaffee“, sagt die Regionalbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). „Manche Einflüsse fremder Kulturen wollen wir doch in unserem Alltag nicht missen.“

Um Weltoffenheit geht es auch in einem Bündnis, das sich in Thüringen im Herbst 2023 gegründet und Anfang Februar der Öffentlichkeit vorgestellt hat: „Weltoffenes Thüringen“ ist das größte und breiteste Zivilbündnis, das sich im Freistaat je formiert hat. Knapp 7 000 Menschen, Vereine und Institutionen haben sich in dem Netzwerk zusammengeschlossen, darunter auch die EKM, um für ein vielfältiges Thüringen, die Achtung der Menschenwürde, eine plurale Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzutreten – eigentlich Selbstverständlichkeiten, die seit einigen Monaten und Jahren in Thüringen und anderen Bundesländern nicht mehr unantastbar zu sein scheinen. Das Bündnis will die demokratische Mehrheit repräsentieren und die Hoheit über die Erzählung ihres Bundeslands zurückgewinnen.

SuperIllu stellt hier Thüringer vor, die sich dem Bündnis angeschlossen haben. Wir lassen Menschen zu Wort kommen, die sich schon lange für die Gemeinschaft einsetzen. Auf Fahrten nach Altenburg, Weimar, Erfurt und Nordhausen sehen wir an etlichen Fassaden und Rathäusern das bunte Banner des Bündnisses hängen. Unsere Gesprächspartner sprechen die vielen gleichzeitigen Krisen dieser Zeit an, die bei zahlreichen Mitmenschen für Verunsicherung sorgen. Darüber machen sie sich Gedanken. Denn ihr Bundesland driftet nach rechts. Rund 1,8 Mio. Thüringer werden am 1. September einen neuen Landtag wählen. Umfragen zufolge könnte die in Thüringen vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ gedreht eingestufte AfD bis zu 34 Prozent

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