Warum wir der Ukraine weiter helfen müssen

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GASTBEITRAG

Der ostdeutsche Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk hält die bisherige militärische Hilfe für zu wenig. Er fordert, der Westen müsse so viel liefern, dass die Ukraine die russische Armee zurückschlagen könne – nicht nur aus Solidarität, sondern aus eigenem Interesse

Bundeskanzler Olaf Scholz (r.) und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei ihrem jüngsten Treffen am 16. Februar 2024 in Berlin. Deutschland ist nach USA der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine

Am 24. Februar 2022 begann eine neue Zeitrechnung in Europa: Die russländische Föderation überfiel die freie und unabhängige Ukraine.

Wladimir Putin sprach nicht von einem Krieg, sondern von einer „Spezialoperation“. Er wollte angeblich die Ukraine von Faschisten befreien. Dabei gab es im ukrainischen Parlament weniger rechtsradikale Abgeordnete als in fast jedem anderen europäischen Parlament –und von Russland mit seiner extremistischen Regierung, die zudem Rechtsextremisten in vielen Staaten Europas aktiv unterstützt, ganz zu schweigen.

Putin träumt von einem starken Russland in den Grenzen der Sowjetunion. Das ist nur ein erster Schritt. Am liebsten sähe er ein eurasisches Reich, das von Kamt- schatka bis zur portugiesischen Atlantikküste reicht. Das ist keine Übertreibung, sondern ein alter Plan russischer Imperialisten, die Putin verehrt.

Der Krieg gegen die Ukraine hat zum Ziel, den ukrainischen Staat zu zerschlagen, die ukrainische Nation zu vernichten und die Reste russifiziert in das Großrussische Reich zu integrieren. Tatsächlich hat der russländische Vernichtungsfeldzug bewirkt, was kein Ereignis in der jüngeren Geschichte schaffte: Nation Building, wie Wissenschaftler sagen, also die Formierung der Nation, und zwar in einem atemberaubenden Tempo. Das staatspolitische Ziel der Ukraine besteht darin, die Okkupanten aus allen besetzten Gebieten zu vertreiben, auch aus der Ostukraine und von der Krim. Kein Politiker in der Ukraine hätte heute auch nur den Hauch einer Wahlchance, der diese Befreiungsziele infrage stellte.

Die Unterstützung der Ukraine durch u. a. die USA, Polen, Großbritannien, Frankreich und nicht zuletzt Deutschland war bislang immens. Nirgendwo sonst führte das zu solchen innenpolitischen Zerreißproben wie bei uns. Die abgerüstete Bundesrepublik war mental und kulturell nicht auf Kriegskämpfe vor der eigenen Haustür vorbereitet. Viele Menschen glaubten, Frieden, Freiheit und Wohlstand seien, wenn schon nicht ein Gottesgeschenk, so doch aber eine Selbstverständlichkeit, eine Errungenschaft, die Deutschland zustehe. Und noch mehr Mensc

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