Musik im Blut

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Manche Menschen können schon mit vier meisterhaft Klavier spielen, anderen fällt es zeitlebens schwer, im Takt zu klatschen. Was bestimmt, wie musikalisch wir sind?

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Auf einen Blick: Zum Musizieren geboren?

1 In einigen Familien tauchen auffallend viele Musiktalente auf – etwa in der von Johann Sebastian Bach. Daraus erwuchs die Folgerung, die Gabe zu außergewöhnlichen Leistungen sei uns in die Wiege gelegt.

2 Tatsächlich zeigen Studien, dass die Gene zu einem erheblichen Teil bestimmen, wie musikalisch jemand ist. Etwa die Hälfte der Varianz in der Musikalität der Bevölkerung ist auf die Erbanlagen zurückzuführen.

3 Diese prägen sich aber nur aus, wenn sie auf das passende Umfeld treffen. Zudem spielt Training eine gewisse Rolle. Die Bereitschaft zum Üben hängt ebenfalls stark mit den Erbanlagen und der Umwelt zusammen.

Er lebte als Bäcker im thüringischen Wechmar. Zu seinen liebsten Besitztümern zählte seine Zister, eine Art frühe Gitarre.

Die nahm er sogar mit zur Mühle, in der er sein Getreide mahlte. Dort spielte er oft zum gleichmäßigen Rattern des Mahlwerks. »Es muss doch hübsch zusammen geklungen haben!«, notierte 150 Jahre später sein Ururenkel.

Der Zisterspieler hieß Vitus Bach und gilt heute als Stammvater einer Musiker-Dynastie, die in der Weltgeschichte ihresgleichen sucht. Was wir von ihm wissen, verdanken wir zum Großteil seinem mit Abstand berühmtesten Nachfahren: Johann Sebastian Bach hatte 1735 einen kurzen Abstecher in die Ahnenforschung gemacht und eine Liste mit 53 Namen verfasst. Darin hatte er die ihm bekannten männlichen Mitglieder seiner Familie aufgeführt, mitsamt kurzen Informationen zu ihrem Werdegang. Dass der Ururgroßvater des Komponisten gern auf der Zister klampfte, wissen wir aus diesen Aufzeichnungen.

Das Kompendium mit dem Titel »Ursprung der musicalisch-Bachischen Familie« ist heute noch als 17-seitige Abschrift erhalten. Seinen Namen trägt es durchaus zu Recht: Mehr als 40 der Erwähnten spielten den Notizen zufolge ein Instrument. Viele verdienten gar ihren Lebensunterhalt mit Musik – als Kantor, Organist oder Hofkapellmeister; andere arbeiteten als Instrumentenbauer. Mittlerweile kennt man fast 80 Verwandte Johann Sebastian Bachs, die zwischen dem 16. Jahrhundert bis zum Tod seines Enkels Wilhelm Friedrich Ernst 1845 als Musiker tätig waren.

Stammbaum der Musiktalente

Es gibt noch andere Beispiele dafür, dass sich musikalisches Können in manchen Stammbäumen auffällig häuft, etwa in den Familien Richard Wagners und des Walzerkönigs Johann Strauss. Vor mehr als 150 Jahren ist dieser Zusammenhang bereits dem britischen Naturforscher Sir Francis Galton aufgefallen. Er folgerte daraus, die Gabe zu außergewöhnlichen Leistungen (nicht nur musikalischen) werde uns in die Wiege gelegt. Doch ist

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