Myko-Mode ist die Zukunft

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EINBLICKE IN DIE WELTDER MODE, IN DER MIT NACHHALTIG PRODUZIERTENTEXTILIEN EIN KULTUR-WANDEL AUFKEIMT.

Text GIRI NATHAN Fotos PHYLLIS MA

Viertes Kapitel

GANODERMA SESSILE Diese Lackporling-Art haftet im Nordosten der USA auf Eichen, Ahornbäumen und Buchen. Die Makroaufnahme von in Kultur gewachsenen Pilzstrukturen entstand im Fotostudio.

IIN RUMÄNIEN ÜBT EINE immer kleiner werdende Zahl von Kunsthandwerkern ein vermutlich jahrhundertealtes Gewerbe aus: Sie suchen im Wald nach Zunderschwämmen, die an Laubbäumen wachsen und mehrere Zentimeter dicke konsolenförmige Fruchtkörper ausbilden. Die Sammler lösen den Pilz vom Stamm und schneiden ihn der Länge nach in dünne Scheiben. Die hell- bis rostbraunen Scheiben werden dann zu breiten, filzähnlichen Platten gehämmert und gedehnt, aus denen sich Hüte, Taschen, Schmuck und Ornamente fertigen lassen.

Diese Produkte sind schön und umweltfreundlich, auch wenn das Material umständlich zu beschaffen ist und die Herstellung mühsam. Ähnlich stellten schon um 1900 Tlingit-Handwerker im heutigen US-Bundesstaat Alaska Beutel aus einem robusten, mattenartigen Material her. Laut einer Studie, die 2021 in der Fachzeitschrift Mycologia erschien, wurden diese „Matten“ aus Lärchenschwamm hergestellt, einem widerstandsfähigen Baumpilz, der in den Wäldern des pazifischen Nordwestens heimisch ist. Auch hier sammelte man den Rohstoff in freier Natur, es gab keine Kultur für eine Massenproduktion.

Heute leistet das Biotechnologieunternehmen MycoWorks in einer 12 600 Quadratmeter großen Anlage in Union, South Carolina, Pionierarbeit für einen gezielteren und skalierbaren Ansatz. Unter schummrig rotem Licht, das an die Beleuchtung einer Dunkelkammer erinnert, stapeln sich Metallbleche zu hohen Säulen. Roboterarme fahren umher und entnehmen einzelne Exemplare, die dann von einem kleinen Team von Technikern in sterilen Anzügen genau inspiziert werden.

Auf jedem Blech wird Mycel gezüchtet, ein Geflecht aus feinen Fäden, etwa dem Wurzelsystem einer Pflanze entsprechend. Das Mycel ist ein strukturelles Wunderwerk – weich, elastisch, dicht und fest zugleich – und damit ein hervorragender Lederersatz. Jüngste Fortschritte in der Biotechnologie haben eine kleine Industrie für Mykotextilien entstehen lassen.

Die ersten Ergebnisse scheinen ethisch vertretbarer, ökologisch nachhaltiger und effizienter zu sein als die milliardenschwere traditionelle Tierlederindustrie. MycoWorks ist dabei eines von vielen innovativen Unternehmen, die darauf setzen, dass das wa

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