EINSICHTEN im Anthropozän

3 min lesen

Luftaufnahmen sind wie „naturierte Landkarten“. Sie zeigen, wie menschliche Aktivitäten die Erde verändert haben.

Text CHRISTOF MAUCH Fotos BERNHARD LANG

OBEN: In der Provinz Flevoland liegen die größten Tulpenfelder der Niederlande. Ab 1942 wurde das Land durch Einpolderung dem Meer abgetrotzt.

DIE AKTIVITÄTEN der ersten Menschen, die sich vor etwa 300 000 Jahren entwickelten, hinterließen lange Zeit nur an ganz wenigen Orten Spuren, die man aus der Luft hätte wahrnehmen können. Menschen nutzten Feuer, holzten Wälder ab, bauten Getreide an, machten Weideflächen frei und domestizierten Tiere. Die Auswirkung ihrer Aktivitäten auf die Erdhülle blieb begrenzt und schrieb sich nur punktuell und an der Oberfläche in die Erde ein.

Der Planet bot alles, was die Menschen zum Leben brauchten. Er fungierte als ein Fundament, von dem sich bis weit ins 20. Jahrhundert niemand vorstellen konnte, dass es Risse bekommen und eines Tages für menschliches Leben nicht mehr förderlich sein könnte. Erst als die Industrialisierung, angeheizt von kohlebetriebenen Maschinen, in großem Stil einsetzte, begannen Menschen, zuallererst in Europa, ihre Umwelt so massiv zu verändern, dass sich die Aktivitäten auf dem Globus, tief und deutlich sichtbar, in die Kruste der Erde einschrieben: als Kanäle zum Beispiel, durch Gewinnung von Rohstoffen im Tagebau oder durch den Bau von Metropolen und Millionenstädten.

Im Laufe der Geschichte haben Menschen Fertigkeiten erlernt, Technologien entwickelt und Höchstleistungen erbracht, die sich noch vor hundert Jahren kaum einer hätte erträumen können. Gleichzeitig hat der Mensch überall auf dem Globus Abfallspuren hinterlassen.

2018 entdeckten Meeresforscher im Marianengraben, nahezu 11 000 Meter unter der Meeresoberfläche, eine Plastiktüte. Desgleichen fanden Wissenschaftler auf dem höchsten Berg der Erde menschengemachte sogenannte ewige Chemikalien.

DRAUFSICHT UND EINSICHT

Anders als die Landkarten in Atlanten und auf Globen, die staatliche Grenzen markieren und politische Territorien farblich voneinander abgrenzen, zeigen Luftfotografien die tatsächliche Oberfläche der Erde: Formationen, die die Natur über geologische Tiefenzeiten hinweg ausgebildet hat – Wasser und Land, Erhebungen und Ebenen, Sümpfe und Moore, Seen und Flüsse. In diesem Sinne wirken sie einerseits wie „naturierte Landkarten“, andererseits bilden sie all das ab, was menschliche Aktivitäten und Interventionen mit der Erdoberfläche gemacht haben und was neu geschaffen wu

Dieser Artikel ist erschienen in...

Ähnliche Artikel

Ähnliche Artikel