„WIR SIND NICHT VÖLLIG MACHTLOS“

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Demenz ist kein Schicksal. Der Psychiater Frank Jessen erklärt, was Früherkennung vermag und wie jeder selbst vorsorgen kann.

InterviewIRIS RÖLL

Regelmäßige Bewegung reduziert das Risiko, an Demenz zu erkranken. Klassische Ausdauersportarten wie Schwimmen, Laufen oder Radfahren sind besonders geeignet.
FOTO: ALAMY

Herr Prof. Jessen, jeder vergisst mal etwas. Wann muss ich mir Sorgen machen, dass ich selbst oder ein Angehöriger an einer Demenz erkrankt sein könnte?

Wenn sich das Kurzzeitgedächtnis bei älteren Menschen dauerhaft und auffällig verschlechtert, ohne dass dafür eine andere Ursache infrage kommt. Die Rückmeldung des Umfeldes ist dabei ganz besonders wichtig.

Sie beschäftigen sich intensiv damit, eine mögliche Erkrankung früh zu erkennen. Warum ist das so wichtig, wenn es noch keine Heilung gibt?

Viele Menschen mit Gedächtnisstörungen sind verunsichert und wünschen sich einfach Klarheit. Zum Beispiel, damit sie bei einer positiven Diagnose rechtzeitig selbstbestimmt über ihre Behandlung, Betreuung und Unterbringung entscheiden können. Außerdem steht man der Krankheit im Frühstadium nicht völlig machtlos gegenüber. Patienten können den Verlauf über eine Veränderung ihres Lebensstils positiv beeinflussen, etwa mit regelmäßiger Bewegung. Dazu kommen neue Medikamente, die dieses Jahr voraussichtlich in Europa zugelassen werden. Und die sind nur wirksam, wenn sie sehr früh eingesetzt werden.

Wie läuft Früherkennung ab?

Oft überweisen Hausärzte oder Psychiater Patienten bei Verdacht auf Demenz an sogenannte Gedächtnisambulanzen. Dort finden ausführliche Gespräche und neuropsychologische Tests statt. Wenn sich Auffälligkeiten zeigen, folgt ein MRT, auch um andere Ursachen wie einen Tumor oder starke Durchblutungsstörungen auszuschließen, die eine Ursache für kognitive Störungen sein können. Außerdem gibt es eine Blutuntersuchung, zum Beispiel der Schilddrüsenwerte, denn eine Unterfunktion kann ebenfalls für kognitive Störungen verantwortlich sein.

Lässt sich Alzheimer im Blut erkennen?

In der Forschung arbeiten wir bereits mit solchen Biomarkern. Die Tests werden in den nächsten zwei bis drei Jahren auch in den ärztlichen Praxen zur Verfügung stehen. Bislang muss man diese Biomarker noch in der Rückenmarksflüssigkeit nachweisen. Alternativ dazu kann man eine PET-Aufnahme machen. Das ist für den Patienten angenehmer, wird aber von den gesetzlichen Kassen bislang nicht gezahlt. Auf den Bildern kann der A

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