Kleine Tumpel – Quell des Lebens

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Der Frühjahrsregen erschafft kleine Oasen . Saisonale Tümpel geben dem Leben einen Schub, ehe sie trockenfallen – bis der Zyklus im folgenden Jahr von Neuem beginnt.

TEXT SUSAN HAND SHETTERLY FOTOS TRISTAN SPINSKI

Laich des Flecken-Querzahnmolchs unter der Wasseroberfläche eines Tümpels im US-Bundesstaat Maine. Algen dienen den reifenden Larven als Nahrung. Von Regenwasser gespeiste saisonale Tümpel sind ein wichtiger Bestandteil des Waldökosystems.

ICH LAUFE ÜBER FEDERNDEN WALDBODEN. Herabgefallene Tannennadeln bedecken den Pfad. Plötzlich blitzt es durch die Bäume. Doch es ist kein Feuer – Sonnenlicht wird von einer Wasseroberfläche reflektiert. Das Wasser steht in einem kleinen Tümpel. Seinetwegen bin ich hier.

An diesem warmen Nachmittag im späten Frühjahr sinkt der Wasserstand im Tümpel bereits. Solche jahreszeitlich entstehenden Gewässer sind meist nur wenige Meter tief. Sie haben keinen festen Zu- oder Ablauf, sondern sind vor allem von Niederschlägen und dem aus den höhergelegenen Wäldern abfließenden Wasser abhängig. Wenn es wärmer wird und die Frühjahrsregen ausbleiben, verlieren sie ihr Wasser durch Verdunstung und die Wurzeln umliegender Bäume und Sträucher. Im Spätsommer sind Tümpel meist ausgetrocknet, das ist ihr wesentliches Merkmal. Fische können ein Austrocknen nicht überleben, und so haben die Kaulquappen und Larven von Fröschen, Lurchen, Insekten und anderen Tieren eine bessere Chance, sich zu entwickeln.

Hier, im Norden des US-Bundesstaats Maine, erreichte vor etwa 20 000 Jahren ein kilometerhoher Gletscherkeil seine größte Ausdehnung. Er hinterließ eine Moränenlandschaft mit Toteislöchern, Mulden, Felsblöcken und abgeschliffenen Bergrücken. Bäche, Sümpfe und Teiche durchziehen die Wälder, darunter eine Vielzahl saisonal entstehender Tümpel. Es scheint, als hätte uns das Eis vor langer Zeit das Wasser geschenkt.

Mit ihren schwammigen Ufern und den höhergelegenen, trockenen Rückzugsgebieten sind diese Tümpel unverzichtbare Bestandteile des Ökosystems; sie versorgen den Wald mit einer Fülle an Leben. Die Bäume wiederum spenden Schatten, sodass die Tümpel nicht zu schnell austrocknen. Auf Nadeln, Blättern und Ästen, die ins Wasser fallen, siedeln sich Bakterien und Insekten wie Köcherfliegenlarven an und dienen als Nahrung für andere Lebewesen. Vögel und Fledermäuse, die in den umliegenden Bäumen leben, ernähren sich von den Insekten. Amphibien werden von anderen Tieren erbeutet, sobald sie sich an Land wagen. Und so geht

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