DAS WILDE GRÜNE HERZ BORNEOS

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DIE REGENWÄLDER DER INSEL BORNEO GEHÖREN ZU DEN ARTENREICHSTEN DER ERDE. DER NATIONALPARK GUNUNG PALUNG SCHÜTZT DIESEN EINZIGARTIGEN LEBENSRAUM SEIT JAHRZEHNTEN – MIT BEEINDRUCKENDEM ERFOLG.

TEXT JENNIFER S. HOLLAND FOTOS TIM LAMAN

Ein weiblicher Orang-Utan sucht in den Baumwipfeln des Regenwalds nach reifen Feigen. Das 1080 Quadratkilometer große Gebiet des Nationalparks Gunung Palung in der indonesischen Provinz West-Kalimantan auf Borneo beherbergt etwa 2500 Exemplare der vom Aussterben bedrohten Affen und rund 2500 Baumarten.
FOTO: RUSSELL LAMAN/DROHNENPILOT: TRI WAHYU SUSANTO

AN EINEM SEIL IN ETWA ZWÖLF METER HÖHE BAUMELND, FRAGE ich mich beim Blick ins umliegende grüne Dickicht, ob ich noch ganz bei Verstand war, als ich die beiden Männer unter mir darum gebeten hatte, mich in das Kronendach des Regenwalds hinaufzuziehen. Einer von ihnen – der Fotograf Tim Laman – hatte eine Leine an einem Pfeil befestigt und ihn über einen hochgelegenen Ast geschossen. Anschließend hatte er mit seinem Assistenten ein Seilzugsystem installiert, um mich an diesen Ort zu befördern, den nur wenige Menschen je zu Gesicht bekommen. Mit jedem Zug quietscht das Seil. Der Ast über mir wippt bedenklich.

Mein Ziel ist eine Astgabel weit oben in einem 45 Meter hohen Baum der Gattung Shorea. Diese sogenannten Flügelfruchtgewächse zählen zu den höchsten Bäumen der Erde und bilden ideale Aussichtspunkte, um einen der letzten verbliebenen intakten Tieflandregenwälder Südostasiens zu überblicken. Dicht unter dem Äquator gelegen, ist der Nationalpark Gunung Palung ein 1080 Quadratkilometer großes Schutzgebiet, das die Berge Palung und Panti im indonesischen Teil von Borneo einschließt (die Insel teilen sich die drei Nationen Indonesien, Malaysia und Brunei). 1937 war eine Region rund um den Berg Palung zunächst als Naturreservat ausgewiesen worden; über die Jahre erweiterte man seine Grenzen, und 1990 machte die indonesische Regierung einen Nationalpark daraus. Heute umfasst das Gebiet neun unterschiedliche Waldtypen, die sich übereinandergeschichtet über eine Reihe steiler Hänge erstrecken und von Mangrovensümpfen und Torfmoorwäldern bis zu moosbedeckten Bergregenwäldern reichen.

Nachdem die Männer mich so hoch wie möglich gezogen haben, muss ich den Rest der Kletterpartie selbst bewältigen. Quälend langsam geht es voran, ganz anders als die mühelose Art und Weise, in der andere Primaten die Baumwipfel erklimmen. Meine Arme schmerzen, während ich mich zentimeterweise das Seil hinaufschiebe; mei

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