AUSZEIT FÜR GROSSKATZEN

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AM ENDE EINER LANGEN RECHERCHE ÜBER DIE „STREICHELTIGERINDUSTRIE“ ENTSTAND DAS FOTO OBEN ALS SYMBOL DER HOFFNUNG.

FOTO STEVE WINTER TEXT SHARON GUYNUP

Die halbwüchsigen Tiger erfrischen sich nach dem Herumtollen in einer artgerechten Auffangstation in Colorado.

ALS WIR IM JAHR 2017 mit unserem Tigerprojekt begannen, lebten in den USA wohl mehr Tiger in Käfigen als weltweit in freier Wildbahn. Die Schätzungen lagen bei 5000 bis 10 000 Tieren, doch aufgrund der laxen staatlichen Aufsicht wusste es niemand genau. Es gab kein Bundesgesetz, das den Besitz von Großkatzen regulierte.

Ursache dieser Krise waren vor allem sogenannte Roadside Zoos, kleine, privat und zu kommerziellen Zwecken betriebene Tierschauen, in denen Touristen mit den Jungtieren schmusen und Selfies machen konnten. In Gefangenschaft gezüchtete Katzen landeten häufig im illegalen Wildtierhandel. Um den konstanten Nachschub an fotogenen Jungtieren zu sichern, ließ man weibliche Tiger einen Wurf nach dem anderen produzieren. Die Tigerbabys wurden ihren Müttern kurz nach der Geburt entrissen, in den Zoos meist unzureichend ernährt und von Hunderten von Menschen angefasst. Wurden sie im Alter von etwa zwölf Wochen zu groß und gefährlich, setzte man sie wiederum in der Zucht ein, stellte sie zur Schau – oder sie verschwanden einfach. Viele Einrichtungen firmierten offiziell als Auffangstationen, erzielten aber hohe Einnahmen.

Zwei Jahre dauerten unsere Recherchen. Wir durchquerten 32 der 50 US-Bundesstaaten, befragten Hunderte von Menschen, darunter Inhaber, Angestellte, Kunden und Besucher sowohl der Roadside Zoos als auch (seriöser) Auffangstationen. Wir interviewten Wildtierbiologen, Naturschützer, Staatsanwälte und Agenten des U.S. Fish and Wildlife Service. Manchmal arbeiteten wir undercover.

Wir filmten und fotografierten in heruntergekommenen Zoos, auf einem Jahrmarkt, selbst in einem Wohnzimmer und sahen kranke, aufs Skelett abgemagerte Tiger, die in verwahrlosten Unterkünften lebten. Wir korrespondierten sogar mit Joe Exotic, dem berüchtigten „Tiger King“, der heute eine 21-jährige Haftstrafe u. a. wegen Auftragsmords verbüßt und in seinem ehemaligen G. W. Exotic Animal Park in Oklahoma Tiger tötete und mit ihnen handelte.

Uns fehlte ein Bild der Hoffnung, das zeigte, wie gut das Leben dieser prächtigen Raubtiere in Gefangenschaft sein kann – auch wenn sie nicht ausgewildert werden können. Zwei Wochen vor Abgabetermin machte ich mich auf den Weg zum Wild Animal Sanctuary

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