ANGRIFF AUF DAS CO2

20 min lesen

ES GENÜGT NICHT, DIE TREIBHAUSGASEMISSIONEN DRASTISCH ZU REDUZIEREN, UM DIE GLOBALE ERWÄRMUNG ZU BREMSEN. ZUSÄTZLICH MÜSSEN WIR DER ATMOSPHÄRE IN GROSSEM STIL KOHLENDIOXID ENTZIEHEN. DOCH WIE FUNKTIONIERT DAS?

TEXT SAM HOWE VERHOVEK FOTOS DAVIDE MONTELEONE

Wissenschaftler überwachen vor der Küste Norwegens eine am Kieler GEOMAR Zentrum für Ozeanforschung entwickelte Experimentieranlage. Sie untersuchen, wie alkalische Substanzen die CO2-Aufnahmefähigkeit des Meerwassers beeinflussen. „Die Frage ist, ob wir den natürlichen Prozess der Verwitterung signifikant beschleunigen können“, sagt Projektleiter Ulf Riebesell.

IN DEN LETZTEN JAHRHUNDERTEN HABEN WIR GEGRABEN, GEHACKT, VERBRANNT, GEBOHRT, GEPUMPT, ABGETRAGEN, GESCHMIEDET, ABGEFACKELT, ANGEZÜNDET, ABGEFEUERT, SIND GEFAHREN UND GEFLOGEN UND HABEN AUF DIESE WEISE DIE ERDATMOSPHÄRE MIT 2,4 BILLIONEN TONNEN KOHLENDIOXID BELASTET.

Das entspricht etwa dem jährlichen CO2-Ausstoß von 522 Milliarden Fahrzeugen oder 65 Autos für jeden heute lebenden Erdenbürger.

In einem einsamen Tal auf Island will Edda Aradóttir dieses CO2 wieder an seinen Ursprung befördern. Indem sie das Klimagas tief unter die Erdoberfläche verfrachtet, will sie eine der folgenreichsten Taten in der Geschichte der Menschheit rückgängig machen: das Ausgraben gewaltiger Mengen an Kohlenstoff, der als fossiler Energieträger Lebenselixier der modernen Zivilisation war – und nun auch ihr Fluch ist.

Ihr bleibt nicht viel Zeit. Und uns auch nicht. Extremwetter und Rekordtemperaturen des Klimawandels haben uns bereits getroffen und werden mit ziemlicher Sicherheit noch schlimmer werden.

Im Inneren eines Aluminium-Iglus auf diesem Flecken vulkanischer Erde, das wie eine Mondlandschaft wirkt, zeigt die Chemie- und Lagerstätteningenieurin Aradóttir, Geschäftsführerin eines isländischen Unternehmens namens Carbfix, wie das eingefangene CO2 zunächst mit Wasser vermischt und dann durch ein kompliziertes Rohrleitungssystem in etwa 750 Meter Tiefe geschleust wird. Das gelöste Kohlendioxid trifft dort auf porösen Basalt und versieht das Magmagestein mit einem Muster aus cremefarbenen Sprenkeln.

Aradóttir zeigt auf eine Bohrkernprobe. So winzig all jene Punkte und Streifen auch sein mögen, sie stehen für ein einfaches und doch atemberaubend kühnes Vorhaben. Denn dieses spezielle CO2, das aus der Luft gepflückt, mineralisiert und in Gestein verwandelt wird, wird unseren Planeten nicht mehr aufheizen.

FORSCHER UND UNTERNEHMERINNEN

wie







Dieser Artikel ist erschienen in...

Ähnliche Artikel

Ähnliche Artikel