Leben UNTER EWI GEM EIS

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ASTROBIOLOGEN SUCHEN NACH LEBEN AUF DEN EISIGEN MONDEN DES SONNENSYSTEMS. IHRE VERFAHREN TESTEN SIE ZUNÄCHST AUF DER ERDE.

TEXT NADIA DRAKE FOTOS CARSTEN PETER U N D CHRIS GUNN

Unter der eisigen Oberfläche des Saturnmonds Enceladus liegt ein riesiger Ozean. Er könnte alles enthalten, was zur Entstehung und weiteren Entwicklung von Leben nötig ist.
FALSCHFARBENKOMPOSIT AUS 21 AUFNAHMEN: NASA/JPL/ SPACE SCIENCE INSTITUTE

ALS ICH DEN GASHEBEL

drücke, gleitet und schlingert das Schneemobil durch eine Landschaft aus Schnee und Eis. Die Dämmerung taucht die Umgebung in himmlische Blautöne. Nachdem ich den Tag auf einem zugefrorenen Fjord verbracht habe, der zur norwegischen Inselgruppe Spitzbergen gehört, bin ich nun auf dem Weg zurück in die Stadt. Nicht selten tanzen hier Polarlichter über die bergigen Inseln der Hocharktis, und Narwale, Belugas und Walrosse patrouillieren das Meer.

Es ist März; seit einem Monat scheint endlich wieder die Sonne. Ich bin mit zehn Forschern unterwegs, die nach besonderen Bodenformen suchen, sogenannten Pingos – genauer gesagt nach den Mikroben, die in ihnen gedeihen. Die Kuppen im Permafrostboden sind manchmal nur kleinere Erhöhungen, können aber auch so groß wie Hügel sein. Je nach Jahreszeit dehnen sie sich aus oder ziehen sich zusammen, wenn das Wasser in ihnen gefriert oder taut – so gleichen Pingos einer eisigen Eruption in Zeitlupe. Bei Temperaturen um minus 25 Grad machen sich die Forscher mit Gewehren und Messinstrumenten mehrmals täglich auf den Weg, um Eiskerne und Wasserproben zu sammeln – immer auf der Hut vor gefährlichen Eisbären.

Die Mikroben, die in den Pingos leben, könnten verraten, wie außerirdisches Leben auf anderen Welten im Sonnensystem überleben könnte – etwa auf fernen Monden mit Ozeanen, die unter einem Eispanzer verborgen sind. Das Leben im Inneren eines Pingos ist im Winter „nicht auf Sonnenenergie angewiesen – es nutzt nur chemische Energie“, erklärt der Mikrobiologe und Projektleiter Dimitri Kalenitchenko von der norwegischen Universität Tromsø.

Die Geschichte der Erforschung sonnenarmen Lebens auf der Erde ist relativ jung. Lange Zeit „dachten wir, das Leben auf diesem Planeten sei weitgehend auf die Oberfläche beschränkt und vollkommen abhängig von der Fotosynthese“, sagt Barbara Sherwood Lollar, Geologin an der University of Toronto, die sich mit Mikroben tief im Erdinneren beschäftigt. Ende der 1970er-Jahre erforschte das Tauchboot Alvin hydrothermale Schlote in der Nähe der Galápagosinseln und entdeckte in etwa 2,5 Kilometer Tiefe ein blühendes Ökosystem, das un


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