AUF DIE NUDEL GEKOMMEN

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ALLTÄGLICHE VORGÄNGE MIT DEN WERKZEUGEN DER WISSENSCHAFT ZU UNTERSUCHEN, MACHT SPASS – UND STÄRKT DAS VERTRAUEN.

TEXT DAVID FAIRHURST

UNSERE AUFGABE WAR DENKBAR EINFACH. Wir sollten die sparsamste Art und Weise finden, Nudeln zu kochen, und die Wissenschaft dahinter erklären. Die Idee entstand vor etwa einem Jahr: Giorgio Parisi, ein italienischer Physik-Nobelpreisträger, hatte einen Facebook-Post des Architekten Alessandro Busiri Vici geteilt, in dem dieser eine sparsame Methode zum Kochen der beliebtesten Speise seiner Heimat vorstellte. Busiri Vici riet, die Hitze nach der Hälfte der Kochzeit abzuschalten und das heiße Wasser die Arbeit beenden zu lassen. Aber „lassen Sie den Deckel immer drauf “, betonte Parisi, um den Inhalt des Topfes zu isolieren und Wärmeverluste durch Verdunstung zu vermeiden.

Obwohl die Energie- und sonstigen Lebenshaltungskosten in weiten Teilen Europas in die Höhe geschnellt sind, riefen die Sparvorschläge von Parisi und Busiri Vici bei ihren italienischen Mitbürgern verärgerte Reaktionen hervor. „Das ist eine Katastrophe“, wetterte der renommierte Küchenchef Luigi Pomata und mahnte, Parisi und andere Physiker sollten sich von der Küche fernhalten. Der Sternekoch Antonello Colonna sagte, die Gäste seines Restaurants würden die gummiartigen Ergebnisse der empfohlenen Methode niemals tolerieren.

Colonna erwähnte jedoch einen anderen kostensparenden Ansatz: die „Kaltwasser-Methode“, die vom amerikanischen Koch Alton Brown befürwortet wird. Entgegen allen kulinarischen Traditionen werden dabei die Nudeln nur in kaltem Wasser eingeweicht und dann erst zusammen mit der Soße erhitzt.

Andere schlossen sich dem Hype in den sozialen Medien an und trugen ihre Meinungen, Beleidigungen und Rezepte bei. Trotz des Fachwissens des Nobelpreisträgers Parisi – seine Theorien decken Muster in komplexen Systemen auf, von Molekülen bis zum Gedächtnis, vom Vogelschwarm bis zur Drehung von Planeten –, was sein Beitrag auslöste, hatte er nicht vorhergesehen.

WAS IST PASTA, WISSENSCHAFTLICH GESEHEN? Welche Prozesse spielen sich ab, wenn wir getrocknete Nudeln kochen? Und das Wichtigste in der Debatte über die Kochtechniken: Wer hat recht?

Die Antwort auf die erste Frage ist einfach. Die klassische italienische Pasta besteht aus dem Grieß von Hartweizen (Durum, eine Unterart von Triticum turgidum) und Wasser. Beides wird vermengt, zu Spaghetti, Penne oder einer der zahllosen weiteren Sorten geformt und dann getrocknet. Die Antwort auf Frage Nummer zwei: Wenn wir getrocknete Pasta kochen, laufen zwei Prozesse ab, beide ziemlich einfach. Zun�

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