UNTER DER KUPPEL

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DER FELSENDOM IST EIN ARCHITEKTONISCHES MEISTERWERK UND DIE DRITTHEILIGSTE STÄTTE DES ISLAM. WISSENSCHAFTLER ERHIELTEN EINZIGARTIGEN ZUGANG, UM SEINE GEHEIMNISSE ZU ENTHÜLLEN.

TEXT ANDREW LAWLER FOTOS ZIYAH GAFIĆ

Der Felsendom auf dem Tempelberg oder Haram al-Scharif in Jerusalem ist ein Ort der Andacht und des Protests. Umfangreiche Restaurierungen und archäologische Forschung lieferten neue Hinweise auf den Ursprung des Schreins.

„JEDEM BETRACHTER VERSCHLÄGT ES DIE SPRACHE, WENN ER VERSUCHT, IHN ZU BESCHREIBEN“, staunte der unermüdliche Reisende und Schriftsteller Ibn Battuta, als er 1326 Jerusalem besuchte. „Das ist eines der großartigsten Bauwerke, absolut perfekt in Architektur und von außergewöhnlicher Gestalt.“

Seit mehr als 1300 Jahren ist der Felsendom das Kronjuwel jenes weitläufigen Bezirks in Jerusalem, den Juden und Christen Tempelberg nennen und Muslime Haram al-Scharif, Edles Heiligtum. Als das älteste islamische Bauwerk hat dieser Schrein über einem freiliegenden Fels für Muslime dieselbe spirituelle Bedeutung wie die benachbarte Grabeskirche für Christen. Schlichte Geometrie, geschmückt mit kostbaren Materialien, verleiht ihm eine zeitlose Faszination.

An einem kühlen Wintermorgen füllt sich der Schrein allmählich mit Frauen in Hijab und langen Mänteln. Sie sitzen allein in Gedanken versunken oder in kleinen Gruppen den Koran studierend. Während Männer zur wesentlich größeren, etwa 100 Meter südlich gelegenen Al-Aqsa-Moschee strömen, gehört dieser stille Bereich weitgehend den muslimischen Frauen und Kindern. Sireen Karim, eine Kindergärtnerin mittleren Alters, zeigt auf den Fels im Zentrum des Bauwerks.

„Hier ist Mohammed, Friede sei mit ihm, zum Himmel aufgefahren, um alle Propheten zu sehen. Er kehrte mit der Botschaft zurück, man solle fünfmal am Tag beten“, sagt sie. „Auch seine Traurigkeit wurde geheilt. Und wir kommen hierher, um unseren Kummer zu heilen und unsere sorgenbeladene Seele zu entlasten.“

Die grobe Oberfläche des als heilig verehrten Kalksteinfelsens kontrastiert mit der Pracht des umgebenden Raums. In zwei konzentrischen Kreisen wird der Fels von Marmorsäulen und porphyrgeschmückten Pfeilern umgeben. Diese Stützen tragen eine Kuppel, die mit atemberaubenden Mustern geschmückt ist. Fließende arabische Inschriften an den Wänden sowie eine der größten Ansammlungen mittelalterlicher Mosaiken finden sich hier. Von unten gesehen, verwandeln sich die winzigen Pixel aus Glassteinchen in üppige Palmen, Trauben und eine Fülle an Diademen und Halsketten.

Ab und zu fliegt eine Tau

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