DIE ALTESTE KOLONIE DER WELT

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Krise, Kampf und Stärke in Puerto Rico

TEXT UND FOTOS CHRISTOPHER GREGORY RIVERA

3 NATIONAL GEOGRAPHIC FOR FREEDOMS WAS WAR UND WAS BLEIBT

Touristen klettern auf einen verrosteten Panzer des US-Militärs am Flamenco Beach auf Culebra, einer Insel vor der Ostküste der Hauptinsel Puerto Rico. Auf Culebra und der nahe gelegenen Insel Vieques gab es bis 1975 bzw. 2003 Waffentests und militärische Übungen.

FLAMENCO BEACH, der Strand mit dem Panzer, wurde zu einem der zehn besten Strände der Welt gekürt. Dieser schöne touristische Ort hat eine komplizierte Geschichte, deren Verständnis für Besucher wie Einheimische wichtig ist. Ich bin Puerto Ricaner. Als ich ein Schulkind in San Juan war, beschönigte man unsere Geschichte: Die Inseln wurden von Christoph Kolumbus „entdeckt“, die indigenen Taíno wurden dezimiert, die USA gelangten „zufällig“ in den Besitz, die Puerto Ricaner wurden 1917 zu US-Bürgern, 1951 gab es ein Referendum, man schrieb unsere Verfassung, wir lebten glücklich bis ans Ende unserer Tage … Erst als ich begann, mich eingehender mit diesen Episoden zu befassen, ergaben viele der Ungerechtigkeiten in der Gegenwart einen Sinn.

Puerto Rico wird auch „älteste Kolonie der Welt“ genannt. Der juristische Begriff für unseren Status lautet „Territorium“, doch das Land ist von Kolonialismus geprägt. Es wird Jahre dauern, bis die Beseitigung der noch scharfen Munition auf den Inseln Vieques und Culebra abgeschlossen ist, eine Hinterlassenschaft der Tests des US-Militärs. Ignoriert man die Realität, erweist man den Menschen hier einen Bärendienst. Mit Ausnahme der Taíno haben wir nie erfahren, wie es ist, ohne die Kontrolle einer fremden Macht zu leben: Wir sind Bürger ohne volle politische Rechte. Mit dieser Geschichte setzen wir uns heute auseinander. Es gibt Diskussionen über die politische Zukunft Puerto Ricos, die aktuellen Sparmaßnahmen, über die die Puerto Ricaner eigentlich nicht abstimmen können, die Gentrifizierung und Vertreibung, insbesondere seit der Pandemie. Ein großer Teil meiner Arbeit besteht darin, die Menschen aufzuklären und ihnen ein besseres Verständnis dafür zu vermitteln, wo wir stehen, wer wir sind – und wohin wir möglicherweise gehen könnten. ☐

Der Künstler Kariel Argenis Díaz Maisonet posiert hier zu Ehren seiner Vorfahren in Frauenkleidern. Er ist Teilnehmer einer Kulturveranstaltung in Loíza an der Nordostküste Puerto Ricos. Die Anfänge dieser Stadt liegen im 16. Jahrhundert, als die ersten Afrikaner auf die Inseln gebracht wurden. Seit einigen Jahren bekennen sich die Einwohner der
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