VOM WALD AUF DEN TISCH

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FLEISCH VON WILDTIEREN IST IN AFRIKA EINE PROTEINQUELLE FÜR MILLIONEN MENSCHEN. DOCH DER KONSUM GEFÄHRDET DIE TIERWELT UND DIE MENSCHLICHE GESUNDHEIT. GIBT ES ALTERNATIVEN ZUM BUSCHFLEISCH?

TEXT RENE EBERSOLE FOTOS BRENT STIRTON

Eine Bootsladung Flughunde, gefangen auf einer kleinen bewaldeten Insel im Kongo, ist für die Märkte von Brazzaville bestimmt. In der Hauptstadt der Republik Kongo landen sie erst in der Küche und dann auf dem Teller.

UNTER EINEM REGENBOGEN aus farbenfrohen Sonnenschirmen preisen die Händler auf dem Poto-Poto-Markt lautstark ihre Waren an: geräucherten Fisch, Papayas, Auberginen, Kleider, Schulutensilien für Kinder, Flip-Flops. Es ist Samstagmorgen in Brazzaville, der pulsierenden Hauptstadt der Republik Kongo. Honor Toudissa hält beim Schlendern durch die Marktreihen inne, um sich zwei große Welse anzusehen, die in einem Wasserbehälter zappeln. Umgerechnet 6,50 Euro bietet er der Marktfrau für das Paar. Zufrieden legt die Frau, die ein pinkfarbenes T-Shirt und ein gelbes Kopftuch trägt, die Fische auf ihren hölzernen Hackblock und schlägt mit einem Buschmesser die Köpfe ab: Zack!

Toudissa, der schon im kongolesischen Fernsehen und bei internationalen Kochwettbewerben aufgetreten ist, kauft die frischen Welse für ein traditionelles Gericht namens Liboké. Dafür wird er sie in einer Marinade aus Öl, Knoblauch, Pfeffer und Basilikum einlegen, alle Zutaten anschließend in Pfeilwurzblätter wickeln und die Bündel über einem Holzkohlefeuer grillen. Bei anderen Händlern kauft er Rindfleisch von lokalen Viehhirten – nicht aus Massentierhaltung in Brasilien, Deutschland oder anderen fernen Ländern. Außerdem besorgt er Ingwer, Frühlingszwiebeln sowie lebende Grillen und Insektenlarven, die im Kongo als Delikatesse gelten. Toudissa verwendet sie gern in einem Salat aus grüner Mango oder in Schokodesserts.

Vor elf Jahren wurde Toudissas beliebtes Restaurant „Espace Liboké“ in Brazzaville zerstört, als ein Waffendepot der Armee explodierte und 246 Menschen starben. Seine neueste kulinarische Mission: Er will zeigen, dass sich kongolesische Gerichte auch ohne das Fleisch wilder Tiere – sogenanntes Buschfleisch – zubereiten lassen.

Schon immer ist der Verzehr von Wildtierfleisch Teil der Kultur seines Landes gewesen: Von Antilopen über Affen und Stachelschweine bis zu stark gefährdeten Gorillas, Waldelefanten und Schuppentieren wird praktisch alles gegessen. Aber Toudissa widersetzt sich dem. „Wenn wir all diese Tiere töten, können die Menschen sie nicht mehr erleben“, sagt er, als wir uns durch die überfüllten Marktgassen drän

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