Mehrfach gekrönt

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Wien ist die lebenswerteste Stadt der Welt, das sagen aktuell mal wieder diverse Rankings. Die Wiener scheinen das anders zu sehen. Vielleicht ist ihr legendärer „Grant“ aber auch nur vor nehmes Understatement. Ein Porträt

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Wir erkennen da ein Muster: Ob am Dach des Stephansdoms oder im Zebrastreifen in Regenbogenfarben als Symbol der LGBTQ-Bewegung – Wien zeigt Farbe
Die Kunsthalle (links) und das Museum moderner Kunst (mumok, rechts im Bild) sind zwei der vielen kulturellen Einrichtungen im Museumsquartier
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Wenn die Wirtin so rabiat versucht, die letzten Gäste zu verscheuchen, dass sie ihnen das Licht abstellt, dann stehen zwei Sachen fest. Man hat eine echte Wiener No-Nonsense-Wirtin erwischt. Und man hat sich mal wieder bis weit nach der letzten Runde verquatscht.

Für Ersteres sind die Wiener Kaffeehäuser bekannt, für Letzteres sollen sie es wieder werden. Das hat sich Eugene Quinn zur Aufgabe gemacht. Der 56-jähr ige Engländer gehört zu dem Kulturkollektiv Whoosh und organisiert in seiner Wahlheimat für Besucher und Einheimische wunderbar schräge Events. Bei der Stadtführung „Smells like Wien Spir it“ zeigt er ihnen, wie man die Stadt mit der Nase entdeckt, auf der Tour „Vienna Ugly“ geht es zu hässlichen Gebäuden, und bei „How to Die Better“ führt er über den Zentralfr iedhof. „Ich will den Leuten zeigen, dass Wien nicht nur ein staubiges Museum ist“, sagt Quinn, „dass die Stadt lebt.“

Darum geht es auch bei seinen „Coffeehouse Conversations“, die Kaffeehäuser sind Quinns Lieblingsorte in Wien, „sie haben diese zeitlose Beschaffenheit einer gemütlichen Bräune“. Früher seien sie wichtiger Bestandteil der Debattenkultur gewesen, erzählt Quinn, alle hätten sie bei einer Melange ihre Ideen weitergesponnen, Klimt, Wittgenstein, Freud. Also hat Quinn sich das For mat der „Coffeehouse Conversations“ ausgedacht: Aus den Teilnehmern werden ein Wiener und ein Besucher zusammengesetzt, die sich noch nie gesehen haben, und die unterhalten sich zwei Stunden lang. Das anregende Slow Dating hat viele Fans, sogar die Diplomaten der UN-Dependance in Wien schauen ger ne vorbei, um die Stadt auf so persönliche Weise kennenzuler nen. Außerdem kommt das Format der Wiener Mentalität entgegen. „Die Wiener sind nicht so gut im Small Talk“, sagt Quinn, „aber dafür im Big Talk.“

Vielleicht Wiens charmantestes Archiv: Michael Moser (l.) hütet die Geschichte des „Hotel Imperial“

So gut läuft der Big Talk an diesem Abend im „Café Minister ium“, dass die ganze Gruppe, nachdem die Wirtin sie rausgeworfen hat, noch in der Bar um die Ecke einkehrt und weiter redet. Um den Ball ins Rollen zu br ingen, hatte Quinn zu B

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