TAL der Träume

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Für die Doku „Lieder der Erde“ begleitete die Regisseurin Margreth Olin ihren Vater ein Jahr lang durch Nordnorwegen

OLDEDALEN-FJORD

FOTOS: LARS ERLEND TUBAAS/HUSTAD/SWR (2), ADOBE STOCK (3); ILLUSTRATION: DOERS/SHUTTERSTOCK

Das Flusstal in Nordnorwegen erstreckt sich über eine Länge von 20 Kilometern. Wenn der See im Winter zufriert, spiegeln sich die Berge im Eis: ein großartiges Naturschauspiel

JOSTEDALSBREEN-GLETSCHER

Der größte europäische Festlands-gletscher erreicht rund 40 Kilometer Länge und 15 Kilometer Breite. Seine Eisschicht ist bis zu 500 Meter dick

Ein Mann steht quasi im Nichts. Über ihm wölbt sich der fahle Himmel eines Wintertags. Die Wolken spiegeln sich in der Eisfläche eines gefrorenen Fjords, der von steil aufragenden Bergen eingefasst ist. Es ist eine der ersten Einstellungen in dem Dokumentarfilm „Lieder der Erde“ der norwegischen Regisseurin Margreth Olin (siehe TV-Tipp). Der kleine Mensch und die überwältigende Größe der Natur – das war in der Geschichte der Menschheit über viele Jahrhunderte hinweg eher ein Bild des Schreckens als der Sehnsucht.

Diese Wahrnehmung ändert sich erst in der Epoche der Romantik, in der die Natur zum Resonanzkörper für Stimmungen wird: Aus Landschaften werden Seelenlandschaften. Eine Haltung, die Regisseurin Olin auch für ihre Dokumentation wählt: „Mein Film ist ein Liebesbrief an die Natur Nordnorwegens und an meine Eltern“, sagt sie. „Wir brauchen eine emotionale Bindung zur Natur, um sie zu schützen.“ Ihr Werk ist keine klassische Dokumentation, sondern eher eine Einladung zur Meditation. Es fehlen die üblichen Erklärungen zum Abschmelzen der Gletscher, die warnenden Stimmen der Experten, die in greller roter Signalfarbe gehaltenen Grafiken.

Olin vertraut stattdessen ganz auf die Kraft der Bilder. Seit 25 Jahren dreht die Norwegerin Dokumentarfilme. Als einzige Frau war sie 2014 in der von Wim Wenders initiierten Reihe „Cathedrals of Culture“ vertreten: Sie lieh dem berühmten Opernhaus von Oslo ihre Stimme, ließ das Gebäude seine Geschichte erzählen, als sei es ein Mensch. Wenders war beeindruckt. Ihn und Olin verbindet, dass beide an der Atmosphäre jener Orte interessiert sind, an denen sie drehen. Für „Lieder der Erde“ war der Deutsche eine Art Mentor, der verschiedene Fassungen des Films sah und kommentierte – aber nicht intervenierte. Norwegens Schauspiellegende Liv Ull-mann („Szenen einer Ehe“) hat den Film ebenfalls gefördert und taucht in den Credits als ausführende Produzentin auf.

Ein Jahr lang wandern

Den Anstoß zum Film gaben zwei Krisen: eine familiäre und eine gesellschaftliche – die Coronapandemie. Als Margreth Olin damals von Oslo aus nach Norden aufbrach, wollte sie ihren Vater in einer persönlichen Angelegenheit um Rat fragen. Der schlug ihr einen Spaziergang vor. Dann verei

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