WAS WIR UNS GERADE FRAGEN: »Wie können wir unsere Demokratie stärken?»

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ZEITGESPRÄCH

Die Demokratie regelt sich nicht von allein, sagt PIA LAMBERTY. Die Extremismus-Expertin ist überzeugt, wir müssen wachsam sein und noch aktiver werden, wenn wir unsere Freiheit schützen wollen

FOTO: CEMAS CENTER FÜR MONITORING, ANALYSE UND STRATEGIE GGMBH

Wenn ich die Millionen von Menschen sehe, die gerade für die Demokratie und gegen Rechts auf die Straßen gehen, berührt mich das sehr.

Die Demonstrationen stärken ein Wir-Gefühl und holen uns auch emotional ab. Das ist gut, weil die Politik oft zu rational agiert. Sie erklärt, aber berührt nicht. Noch wichtiger ist: Es sind positive Gefühle, die freigesetzt werden. Anders als bei der AfD, die Wähler über negative Emotionen einfängt. Sie packt die Menschen bei ihrer Angst, schürt den Hass. Die Proteste jetzt zeigen, dass es auch friedlich und leise geht, ohne Wut und Aggression.

Was können die Demonstrationen noch bewirken?

Sie können denen Rückhalt bieten, die mit ihrem Protest wirklich Mut beweisen, gerade in manchen Dörfern im Osten, in denen Rechtsextremismus quasi die Norm darstellt. Wer sich dort gegen rechts positioniert, wird angefeindet, körperlich bedroht. Für diese mutigen Bürger ist die öffentliche Aufmerksamkeit durch die Demonstrationen jetzt wie ein Schutzschild, sie fühlen sich bestärkt, weniger alleingelassen. Solche Übergriffe finden medial noch zu wenig Beachtung. Darum halte ich die Tendenz auch für gefährlich, Lokalredaktionen weiter abzubauen.

Warum stehen wir erst jetzt auf für die Demokratie?

Ich hätte mir auch schon früher klarere Signale gegen Rechts gewünscht. Es war dringend notwendig, die Machtverhältnisse klarzustellen: Ja, es gibt rechtsextreme Gruppierungen, die sind laut und blähen sich fürchterlich auf, aber wir sind mehr. Die Mehrheit der Deutschen steht hinter der Demokratie. Was dabei oft vergessen wird: Die meisten wollen ja keine gleichgeschaltete Gesellschaft, in der alle dasselbe sagen. Aber wir sind uns einig in dem Ziel, diesen freiheitlichen Staat vor Extremismus und Ausgrenzung zu schützen.

Haben wir Demokratie als zu selbstverständlich genommen?

Zumindest regelt sie sich nicht von allein. Darum sollten wir uns viel öfter bewusst machen, welche Freiheiten und Grundrechte wir verlieren, wenn autoritäre Parteien an die Macht kommen. Das geht an die Meinungs- und Pressefreiheit, an den Minderheitenschutz, an die Unabhängigkeit von Justiz und Sicherheitsbehörden wie der Polizei.

Ist unsere Demokratie in Gefahr?

Wir stehen noch nicht am Abgrund. Aber die Gefahr von autoritären bis faschistischen Kräften wächst, die Zahl der Rechtsextremisten steigt kontinuierlich, vor allem die der offen gewaltbereiten. Mit Sorge beobachten wir auch die immer stärker werdende digitale Vernetzung d

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