Mit Öl und Gas auf Hochtouren

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INTERVIEW

Die Banken sind verletzlich“

Ein Finanzprofi teilt aus: Der frühere Deutsche-Bank-Chef Joe Ackermann über die Gefahren an den Weltbörsen und den Irrglauben an den starken Staat

MANN DER EXTREME Für die einen war Joe Ackermann, 76, ein Weltretter, für andere ein Feindbild
Foto: Bloomberg

Herr Ackermann, droht uns die nächste Finanzkrise? Von Amerikas Immobilienmarkt erreichen uns die ersten Schockwellen. Die jüngsten Börsenrekorde erinnern an die Übertreibungen 2007.

Josef Ackermann: Man sollte nie behaupten, dass wir aufgrund all unserer Erfahrungen mit solchen Auswüchsen vor neuen absolut geschützt wären. Es kann immer was passieren. Aber obwohl wir aktuell jede Menge politische Brandherde haben – Nahost, Ukraine, Taiwan –, bleiben die Börsen weitgehend unbeeindruckt. Ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass all die Kriege und Konflikte zumindest nicht jene Faktoren treffen, die letztlich für die Börsen relevant sind.

Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Ackermann: Würde etwa der Konflikt im Gazastreifen stärker den Energiesektor treffen, hätten wir eine ganz andere Situation.

Zynisch formuliert: Die Hamas bedroht die Weltmärkte weniger als ein paar Huthi-Raketen im Roten Meer?

Ackermann: Leider ist das so. Selbst der Krieg in der Ukraine ist für die Weltwirtschaft nicht sonderlich gravierend, auch wenn er natürlich unglaubliches Elend schafft.

Die Inflation macht Ihnen keine Sorge mehr?

Ackermann: Nach den Zinssteigerungen haben wir die Geldentwertung einigermaßen unter Kontrolle. Bei der Kerninflation – also ohne die Sondereffekte bei Energie und Lebensmitteln – liegen wir aber noch immer weit über den Zielgrößen. Trotzdem erwarte ich nicht, dass die Zinsen weiter steigen, was für die Märkte gefährlich werden könnte. Übrigens lag auch die Dotcom-Krise Anfang des Jahrtausends völlig anders als die zuletzt erlebten Aktienabstürze von Apple, Amazon und anderen.

Wieso?

Ackermann: Damals hatten wir es mit unzähligen jungen Firmen zu tun, die ihr Geschäftsmodell erst unter Beweis stellen mussten und dann prompt kaputtgingen. Wenn jetzt Tech-Riesen mal ein paar Prozent Wert verlieren, bleiben das trotzdem hochprofitable Konzerne – auch wenn es da schnell um Milliarden geht.

Den Hype um künstliche Intelligenz finden Sie nicht überzogen?

Ackermann: Ob da alle Firmen überleben, sei dahingestellt. Aber die Technologie als solche kann man gar nicht überschätzen in ihrer Bedeutung für die Zukunft. Die jetzigen Rekordkurse haben ein reales Fundament. Auch das ist ein Unterschied zu 2008, als es zudem um Wohn-, nicht wie jetzt um Gewerbeimmobilien ging. Kurz: Die Situation ist heute viel stabiler, auch bei den Banken.

Das behaupten die Institute immer. Aber stimmt es am Ende auch wirklich?

Ackermann: Wenn man sich die Kapitalquoten

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