KI-Regulierung – ein Grund zum Jubeln?

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Robert Mayr, Vorstandsvorsitzender und CEO der Datev eG

Die Europäische Union reguliert den Einsatz von KI und feiert sich: „Die EU wird der erste Kontinent, der klare Regeln für den Einsatz von KI setzt“. Aber, kommt es darauf an, wer als erster Regeln setzt, unabhängig von deren Qualität?

Europa hatte sich bereits im Jahr 2000 zum Ziel gesetzt, die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten, wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Allerdings ist seit dem Jahrtausendwechsel das deutsche Bruttosozialprodukt um rund 127 Prozent gestiegen, das der EU27 um 152 Prozent und das US-amerikanische um 162 Prozent. Europa hatte seine Ziele nicht nur 2010, sondern bis heute nicht erreicht. Deutschland kann außer SAP kein einziges weiteres globales IT-Unternehmen vorzeigen.

Stattdessen überlegen wir, wie wir technologisch zu den USA und nun auch China aufschließen könnten. Oder haben wir uns bereits damit abgefunden, nicht mehr aufschließen zu können?

Zumindest legen das die – auch von Deutschland mitgetragenen – EU-Gesetze der zu Ende gehenden Legislaturperiode nahe. Globale Plattformen werden härter reguliert als kleinere. Zufällig stammen alle Großen aus den USA und China. Es scheint, als glaube man nicht, dass auch europäische Unternehmen die gesetzlichen Schwellen erreichen könnten und wie zum Beispiel Google reguliert würden. So etwa im Digital Markets Act mit den sogenannten Gatekeepern, im Digital Services Act mit den Very Large Online Platforms (VLOPs) und nun im AI Act für die großen Sprachmodelle wie ChatGPT. Immer heißt es, die Großen werden streng reguliert. Europäische Unternehmen erhielten einen Wettbewerbsvorteil, weil „unsere EU-Regulierung“ einen globalen Standard setzen würde und europäische Unternehmen einfacher global skalieren könnten, wenn sie auf dieselben Regeln wie zu Hause anträfen.

Aber kommt es so? Oder wird die strenge KI-Regulierung, mit den sehr, sehr komplexen Regelungen dazu führen, dass Anwender sich sehr genau überlegen, ob sie das Risiko in Europa eingehen wollen? Und ist es vielleicht so, dass globale Plattformen sich überlegen, ob sie ihre Top-Produkte lieber in den USA testen, bevor sie sie in der EU anbieten? Entsteht ein Risiko, dass wir ältere KI-Versionen angeboten bekommen, weil die Compliance-Schleife, die man in der EU drehen muss, zu lange dauert? Oder dass vielleicht Unternehmen einfach ihre Entwicklung in die USA? Präsident Macron, der Frankreichs erfolgreichen Wandel zur Startup-Nation zur Chefsache machte, sieht das ähnlich: „Dann können wir beschließen, viel schneller und viel strenger zu regulieren als unsere großen Konkurrenten, aber wir werden Dinge regulieren, die wir nicht mehr produzieren oder erfinden werden. Das ist nie eine gute Idee.“

Der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und promovierte Diplom-Kaufmann Robert Mayr ist

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