Digitale Aufholjagd

2 min lesen

KLARTEXT

Wir müssen wieder mehr arbeiten, müssen mehr Geld verdienen und müssen entschlossen ins digitalen Zeitalter aufbrechen. Nur so wird Deutschland wieder sexy!

Deutschland im Hintertreffen: Wenn wir uns auch nur in Europa umsehen, dann sind wir beim Wachstum Schlusslicht. Die zukünftigen Erwartungen, gemessen an dem sogenannten Potenzialwachstum, sind auch schlecht. Dabei müssen wir eine außergewöhnliche und auch außergewöhnlich teure Energiepolitik finanzieren, eine nicht voll einsatzfähige Bundeswehr renovieren und eines der umfänglichsten Sozialsysteme der Welt bezahlen. Viele Bürger, denen es aktuell noch gut geht, sehen die Perspektiven und Herausforderungen inzwischen mit Sorge.

Wir müssen die Dynamik der Wirtschaft wieder beschleunigen, müssen mehr arbeiten und mehr Geld verdienen. Aber auch das macht nur einen Sinn, wenn wir auf den Märkten Europas und der Welt Produkte und Dienstleistungen anbieten können, die ganz neu sind oder zumindest absolut auf der Höhe der Zeit. Diese Herausforderung erfordert schnelle pragmatische Schritte, denn wir sind im Rückstand. Das gilt ganz besonders für unseren Willen und unsere Fähigkeiten zur Digitalisierung.

Nehmen wir als Schlüssel für alle guten digitalen Interaktionen die einheitliche Personalnummer. Sie gibt es in unseren Personalausweisen schon lange, aber kaum ein Deutscher kennt seine PIN, denn man kann mit der Funktion nichts anfangen. Ganz anders und schon lange die Lage in Estland. Die Einführung der ID-card und der digitalen Signatur war dort schon im Jahr 2002 (!) der bedeutende Schritt bei der Digitalisierung. Die nationale ID-card erlaubt einen sicheren digitalen Zugriff auf alle elektronischen Dienstleistungen.

Darüber hinaus können sich alle Bürger Estlands per elektronischer Signatur über diese ID-card sicher identifizieren. Heute sind 99 Prozent aller Bürger-Staat-Kontakte in Estland digital, nur die Eheschließung und die Scheidung erfordern noch ein persönliches Erscheinen. In Deutschland sind wir bei unter zehn Prozent aller Kontakte.

PROF. ROLAND KOCH, Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung und ordentlicher Professor an der Frankfurt School of Finance & Management, ehemals Ministerpräsident von Hessen
Foto: Bloomberg

Hier kämpfen wir immer noch um die Einführung der elektronischen Patientenakte, die anonyme Nutzung von Patientendaten für die Forschung und das E-Rezept. Da ist nicht nur Estland voraus.

In Schweden gibt es die Gesundheitsakte für alle seit 2009 und das elektronische Rezept seit 2011. In Dänemark wurde alles 2018 verbindlich eingeführt. Ein Klimageld scheitert in Deutschland schon daran, dass der Staat die Kontonummern seiner Bürger nicht finden kann. Moderne Lehr- und Lernmethoden gibt es

Dieser Artikel ist erschienen in...