Es ist ein Krieg zwischen Diktatur und Demokratie“

6 min lesen

INTERVIEW

Mario Holzner, Chef des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche, prognostiziert trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine ein starkes Wirtschaftswachstum für Osteuropa

EXPORTSCHLAGER: Die Ukraine hat neue Wege gefunden, ihren Weizen weltweit zu exportieren

Trotz des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat sich Osteuropa zur Konjunkturlokomotive entwickelt. Nach ihrer Prognose soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den osteuropäischen Ländern durchschnittlich um 2,5 Prozent steigen. Damit wäre das Wachstum höher als in Westeuropa. Was sind die Gründe für das Comeback Osteuropas?

Mario Holzner: Ein sehr wichtiger Grund für das Wirtschaftswachstum in Osteuropa ist die stark zurückgehende Inflation. Im vergangenen Jahr lagen die Preissteigerungen noch besonders hoch, vor allem in Ländern außerhalb der Europäischen Währungsunion. Durch die rückläufige Inflation bleibt den Menschen in diesem Jahr mehr Geld für den Konsum. Zudem sind die Löhne als Folge der Inflation gestiegen. Es gibt eine real Lohnwachstum für den zusätzlichen Konsum. Der Konsum stützt das Wirtschaftswachstum in den osteuropäischen Ländern. In Ländern mit eigenen Währungen wie Polen, Tschechien oder Ungarn beginnen die Notenbanken, die Zinsen immer mehr zu reduzieren. Unternehmen tätigen wieder verstärkt Investitionen. Dies schiebt das Wachstum zusätzlich an. Das ist ein Effekt, den wir in der Eurozone im Laufe des Jahres ebenfalls erwarten.

Ist das von Ihnen prognostizierte Wirtschaftswachstum für dieses Jahr von 2,5 Prozent in den 23 Ländern Osteuropas bereits ein Grund zum Jubeln?

Holzner: Im langjährigen historischen Vergleich ist auch eine Wachstumsrate von 2,5 Prozent für diese Region noch kein Grund für besonderen Jubel. Doch im vergangenen Jahr lag das Wirtschaftswachstum nur knapp über der Null. Deshalb ist die Freude über das wirtschaftliche Comeback in Osteuropa groß.

OSTEUROPA-EXPER-TE HOLZNER ÜBER RUSSLAND: „Auf die Dauer führt eine Kriegswirtschaft in den wirtschaftlichen Niedergang.“
Fotos: Adobe Stock, H. Schubert/wiiw
Konjunkturlokomotive Osteuropa Für die 23 Länder Osteuropas sagt das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche mit 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum voraus. Davon können die Länder Westeuropas wie Deutschland nur träumen.

Osteuropa ist bekanntlich sehr heterogen. Wie sieht die wirtschaftliche Lage in den Ländern des Westbalkan aus? Länder wie Serbien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien und Albanien streben schließlich in die EU.

Holzner: Die Länder des Westbalkans sind im vergangenen Jahr glimpflich durch diese Krise gekommen. Sie verzeichnen innerhalb Osteuropas ein höheres Wachstum. Sie wachsen auch dieses Jahr im Vergleich zu den EU-Mitgliedsländern deutlich schnell

Dieser Artikel ist erschienen in...