Können die 2020er-Jahre noch ein goldenes Jahrzehnt werden? Warum das in den USA erreichbar ist und was das für Anleger bedeutet
VON FRANK MERTGEN
Eine Pandemie durchlebt. Aktuelle Kriege in der Ukraine und gegen die Hamas. Deutschland in Rezession und Haushaltskrise. Das ist die Realität zum Jahreswechsel 2023/24. Was soll aus diesen 2020er-Jahren, die so begonnen haben, eigentlich noch werden? Doch wohl keine „Roaring 20s“ (so die US-Bezeichnung für die „Goldenen 1920er-Jahre“), wie sie Anfang des Jahrzehnts noch als möglich galten? Oder geht da noch was? Experten der UBS trauen zumindest den USA in einem Positivszenario (nicht Basisszenario) zu, dass man im Rückblick auf diese Dekade doch noch von „Roaring 20s“ sprechen könnte. Das wäre auch für Deutschland und die Börse ein Segen. €uro prüft, ob dieses Jahrzehnt noch unerwartet positiv überraschen könnte.
Unerwartete US-Stärke. Ausgangspunkt der Experten aus dem Chief Investment Office des Global Wealth Management der UBS sind die Überraschungen dieses Jahres. Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins seit Februar 2022 um 5,25 Prozentpunkte erhöht, die Kapitalmarktzinsen (zehnjährige US-Staatsanleihen) haben im Spätherbst ein 16-Jahres-Hoch erreicht — und dennoch ist die US-Wirtschaft im dritten Quartal fast mit einer hochgerechneten Jahresrate von fünf Prozent expandiert. „Die Daten deuten darauf hin, dass sich die Wirtschaft in einem neuen makroökonomischen Regime befindet“, erläutert Maximilian Kunkel, Chefanlagestratege für Deutschland und das Segment Global Family and Institutional Wealth bei UBS Global Wealth Management.
Neues Regime. Ein Regime werde durch sein Wachstum, seine Inflation und das Zinsniveau definiert. „Alle befinden sich auf dem höchsten Stand seit der globalen Finanzkrise“, hält Kunkel fest. Natürlich weiß er, dass der Status quo Spätfolgen der Pandemie (Lieferketten, Billionen-Zahlungen an die US-Verbraucher) widerspiegelt, vielleicht aber auch eine grundlegende Änderung der Wirtschaft. Was würden „Goldene 20er“ aus US-Sicht eigentlich ausmachen? „Das wäre ein Jahrzehnt, in dem die Wirtschaft im jährlichen Schnitt über zwei Prozent wächst und die Beschäftigung expandiert, gerade dank hoher Investitionen in revolutionäre Technologien“, erläutert Kunkel.
