WIE FASST MAN EINEN PRÄSIDENTEN-KILLER?

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DIE 12-TAGE-JAGD AUF DEN LINCOLN-MÖRDER

Ein bewaffneter Mann spaziert ungehindert in ein vollbesetztes Theater, erschießt den US-Präsidenten und flieht. Was nach einem unglaubwürdigen Filmplot klingt, hat sich genauso vor rund 160 Jahren in den USA zugetragen. wdw rekonstruiert das berühmte Attentat auf Abraham Lincoln, das Amerika für immer veränderte …

FILMREIFE FLUCHT

CRIME STORY

Zwölf Tage dauerte es, Lincolns Mörder John Wilkes Booth aufzuspüren. In dieser Zeit legte er ca. 70 Meilen zurück und floh von Washington D.C. über Maryland bis nach Virginia. Die Apple-TV+-Serie „Nach dem Attentat“ (Bild) rekapituliert die Jagd auf den Killer – doch wie viel historische Wahrheit steckt wirklich dahinter?

Es ist eine Ironie der Geschichte: Kurz bevor Abraham Lincoln sich am 14. April 1865 mit seiner Frau auf den Weg ins Ford‘s Theatre in Washington macht, um sich eine Komödie anzusehen, unterzeichnet er als letzte Amtshandlung das Gesetz zur Schaffung des Secret Service – eine Behörde, die ab dem 20. Jahrhundert für die Sicherheit der US-Präsidenten zuständig ist. Lincoln selbst jedoch gibt wenig auf Personenschutz: „Wenn mich jemand wirklich töten will, wird ihm das auch gelingen“, pflegt er zu sagen. Dass sich dieser Ausspruch jedoch so schnell bewahrheiten würde, dürfte der Präsident kaum geahnt haben – auch wenn er sich mit seiner Politik der Sklavenbefreiung viele Feinde gemacht hat.

Einer von ihnen ist der junge John Wilkes Booth. Spätestens mit dem Sieg der von Lincoln angeführten Nordstaaten über die Konföderation fünf Tage zuvor ist für den fanatischen Südstaaten-Anhänger klar: Der verhasste Präsident muss sterben – und sein Besuch im Ford‘s Theatre bietet ihm die perfekte Gelegenheit dafür. Denn: Als Schauspieler, der selbst oft dort aufgetreten ist, kennt Booth alle Ein- und Ausgänge des Gebäudes und kann sich so mühelos Zugang zu Lincolns Loge verschaffen – zumal dessen Leibwächter an diesem Abend seinen Posten verlassen hat, um sich in einer benachbarten Kneipe volllaufen zu lassen.

GLÜHENDER FANATIKER

Der junge Schauspieler John Wilkes Booth (Bild) verachtete die Befreiung der Sklaven und hielt US-Präsident Lincoln für einen Diktator. Durch dessen Ermordung hoffte er, unsterblichen Ruhm zu erlangen.

Gegen 22:15 Uhr ist es so weit: Genau in dem Moment, als schallendes Gelächter den Saal erfüllt, betritt Booth die Loge und schießt dem Präsidenten mit einer Pistole direkt in den Hinterkopf. Als er anschließend aus vier Metern Höhe auf die Bühne springt und „Sic semper tyrannis!“ („So ergeht es Tyrannen immer!“) schreit – der Satz, den Marcus Brutus gerufen haben soll, als er auf Julius Caesar einstach und zugleich der Wahlspruch des US-Bundesstaates Virginia, dem politischen Zentrum der Südstaaten – halten die 1700 begeister

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