Warum werden Alaskas Flüsse orange?

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PERMAFROST

Eisen und Schwefelsäure färben die Flüsse in Alaska orange – und bedrohen die Artenvielfalt. Doch woher kommen die Stoffe? Unser Autor hat sich zusammen mit einem Forschungsteam auf Spurensuche begeben.

 
ROSTENDER FLUSS Der Tukpahlearik im Nordwesten Alaskas färbt sich kräftig orange. Tauender Permafrost verursacht das »Rosten«.
Alec Luhn schreibt als Wissenschaftsjournalist vor allem über Klimaund Umweltthemen.
BETH MICKALONIS

Der Bach zu unseren Füßen sieht schmutzig aus. Sein Gesteinsbett leuchtet orange, als hätte es jemand mit Karottensaft gefärbt. Die Wasseroberfläche schillert in Regenbogenfarben, wie von Benzin überzogen. »Das ist übles Zeug«, sagt Patrick Sullivan, Ökologe an der University of Alaska in Anchorage.

Dabei befinden wir uns an einem der wenigen Orte der Welt, an denen die Natur noch nahezu unberührt ist: im Kobuk-Valley-Nationalpark in Alaska, Teil des größten Wildnisschutzgebiets der USA. Wir sind 95 Kilometer vom nächsten Dorf und rund 400 Kilometer vom ausgebauten Straßennetz entfernt. Ursprünglicher geht es kaum.

Sullivan blickt auf die Anzeige des Sensors, den er ins Wasser hält. Dann liest er dem ebenfalls bei uns stehenden Biologie- und Mathematikprofessor Roman Dial von der Alaska Pacific University die Messwerte vor: extrem wenig gelöster Sauerstoff, ein pH-Wert von 6,4. Damit ist der Bach etwa 100-mal saurer als der leicht alkalische Fluss, in den er kurz darauf mündet. Die elektrische Leitfähigkeit, die auf die Menge gelöster Metalle oder Minerale hinweist, entspricht eher der von Industrieabwasser als der eines durchschnittlichen Gebirgsbachs. »Trinkt dieses Wasser nicht«, warnt Sullivan.

Weniger als ein Dutzend Meter entfernt vereinigt sich der Bach mit dem Salmon-Fluss, einem Geflecht aus verzweigten Wasserläufen und glitzernden Stromschnellen, das sich von den schneebedeckten Gipfeln der Brookskette nach Süden erstreckt. Die 1000 Kilometer lange Bergkette mit ihren pyramidenförmigen Gipfeln bildet das letzte Bollwerk zwischen dem wilden Norden Alaskas und der grauen, windgepeitschten arktischen Küste.

Der Salmon ist einer der abgelegensten Flüsse Nordamerikas und schon lange für seine Unberührtheit bekannt. Als der Schriftsteller John McPhee 1975 auf dem Strom paddelte, fand er »das klarste und reinste Wasser, das ich je über Felsen fließen sah«, wie er in »Coming into the Country« schrieb, einem

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